Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 54
Eine Vereinbarung über den Versorgungsausgleich, die vor Rechtskraft der Entscheidung über den Wertausgleich bei der Scheidung geschlossen wird, bedarf der notariellen Beurkundung (§ 7 Abs. 1 VersAusglG). § 127a BGB gilt entsprechend. Für eine Vereinbarung über den Versorgungsausgleich im Rahmen eines Ehevertrages gilt die in § 1410 des BGB bestimmte Form (§ 7 Abs. 3 VersAusglG).
Rz. 55
Praxistipp:
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Die Ehegatten müssen nicht gleichzeitig beim Notar anwesend sein. |
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Es genügt nach § 128 BGB, wenn Antrag und Annahme getrennt beurkundet werden. |
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Eine Stellvertretung ist zulässig, selbst durch den anderen Ehegatten. Die erforderliche Vollmacht des vertretenen Ehegatten bedarf gemäß § 167 Abs. 2 BGB nicht der notariellen Beurkundung. |
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Geschieht dies im Rahmen eines Ehevertrages, ist jedoch eine notarielle Beurkundung bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Ehegatten erforderlich (§ 7 Abs. 3 VersAusglG i.V.m. § 1410 BGB). Eine Vertretung ist allerdings möglich. |
I. Regelungsinhalt
Rz. 56
Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich nach § 6 Abs. 1 VersAusglG unterliegen keinen zeitlichen Beschränkungen. Sie können im Erstverfahren sowie im Anpassungs- und Abänderungsverfahren getroffen werden. Allein die Formerfordernisse differieren (§ 7 Abs. 1 VersAusglG). Grundsätzlich können die Ehegatten den Inhalt ihrer Vereinbarung frei disponieren.
Rz. 57
Die Ehegatten können den Versorgungsausgleich insbesondere ganz oder teilweise
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in die Regelung der ehelichen Vermögensverhältnisse einbeziehen, |
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ausschließen sowie |
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Ausgleichsansprüche nach der Scheidung gem. den §§ 20–24 VersAusglG vorbehalten. |
Bestehen keine Wirksamkeits- und Durchsetzungshindernisse, ist das FamG an die Vereinbarung gebunden (§ 6 Abs. 2 VersAusglG).
Rz. 58
Praxistipp:
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Zwar ist eine grundsätzliche Vergleichbarkeit aller Anrechte nicht mehr erforderlich, für Vereinbarungen, die Frage der Geringfügigkeit (§ 18 VersAusglG) oder einer Unbilligkeit nach § 27 VersAusglG und auch bei der externen Teilung (§ 14 Abs. 1 und 4 VersAusglG) sind jedoch Vergleichswerte erforderlich. |
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In der Regel können die von den Versorgungsträgern ermittelten korrespondierenden Kapitalwerte einer Vereinbarung zugrunde gelegt werden. |
Rz. 59
Im Wesentlichen kommen folgende Regelungen in Betracht:
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Vollständiger Ausschluss |
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Einseitiger Ausschluss der Anrechte eines Ehegatten |
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Ausschluss für bestimmte Ehezeiten mit oder ohne Kompensation |
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Einbeziehung in eine Regelung aller ehelichen Bereiche insbesondere im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung |
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Verzicht auf wertausgleich und Vorbehalt des Ausgleichs nach der Scheidung |
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Modifikationen des Ausgleichs nach der Scheidung |
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Vereinbarungen unter Einbeziehung des Versorgungsträgers |
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Saldierungs- und Verrechnungsvereinbarungen |
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Vereinbarung unter einer Bedingung, Befristung oder mit einem Rücktrittsvorbehalt. |
Rz. 60
Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich sind ausdrücklich erwünscht, stärken damit die Dispositionsmöglichkeiten der Ehegatten und ermöglichen kreative Lösungen im Einzelfall. Jedoch sind die Ehegatten grundsätzlich nicht in der Lage sind, zu Lasten eines Versorgungsträgers einen VA zu vereinbaren, der nicht oder nicht in dieser Höhe gesetzlich vorgegeben ist (vgl. § 8 Abs. 2 VersAusglG). Folglich können Anrechte, die dem Versorgungsausgleich unterliegen, durch Vereinbarung nur dann unmittelbar übertragen oder begründet werden, wenn dies die maßgebliche Versorgungsregelung zulässt und der betroffene Versorgungsträger dem kumulativ zustimmt. Ein Verstoß gegen § 8 Abs. 2 VersAusglG stellt einen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) dar, den das FamG von Amts wegen zu beachten hat.
Rz. 61
Praxistipp:
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Verzichte und Teilverzichte bedürfen keiner Zustimmung, da es hier nicht um die Übertragung eines Anrechts geht und da es kein Recht eines Versorgungsträgers auf Durchführung des Versorgungsausgleichs gibt. |
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Das gilt auch für die Festlegung eines niedrigeren Ausgleichswertes, für die Herausnahme der in bestimmten Zeiten erworbenen Anrechte und für Verrechnungsvereinbarungen. |
Rz. 62
Drittbeeinträchtigungen im Sinne des § 8 Abs. 2 VersAusglG sind zu befürchten bei Vereinbarungen über:
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abweichende Ausgleichswege (außer vorbehaltener "schuldrechtlicher Ausgleich") |
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höhere Ausgleichsquoten als 50 % (aber möglich im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich) |
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das Ehezeitende als Bewertungsstichtag (§ 3 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 1 VersAusglG) |
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die Ausweitung des Kreises anpassungsfähiger Anrechte (§§ 32 ff. VersAusglG). |
Rz. 63
Praxistipp:
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Zwar müssen die Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich einer Inhalts- und Ausübungskontrolle standhalten (§ 8 Abs. 1 VersAusglG). Das Gericht wird aber nur bei entsprechenden Anhaltspunkten anhand der §§ 138, 242 BGB prüfen, ob die Vereinbarung unwirksam oder anpassungsbedürftig ist; es findet lediglich eine Anlasskontrolle sta... |