Dr. iur. Wolfram Viefhues
I. Elternvereinbarung zum Sorgerecht
Rz. 71
Zwar gilt das gemeinsame elterliche Sorgerecht fort, wenn kein Antrag nach § 1671 BGB gestellt wird. In der Praxis ist es dennoch sinnvoll, durch interne Elternvereinbarung das Einverständnis an der gemeinsamen Sorge zu bestätigen und Rahmenbedingungen zur Ausgestaltung der elterlichen Sorge im täglichen Leben schaffen.
Die Eltern können dann unter Berücksichtigung ihrer konkreten familiären Situation ihr gewünschtes Modell der gemeinsamen elterlichen Sorge entwickeln und festlegen. Festgelegt werden sollte, wo das Kind leben und von wem es betreut werden soll sowie der jeweilige Verantwortungsbereiche der Eltern für das Kind. Insbesondere sollten die Bedürfnisse und Interessen der betroffenen Kinder beachtet werden, denn insbesondere mit zunehmendem Lebensalter der Kinder kann die Umsetzung der Elternabsprachen an deren gefestigtem Willen und Widerstand praktisch scheitern kann.
Rz. 72
Praxistipp:
▪ |
Den Eltern sollte verdeutlicht werden, dass eine konzeptionelle Vereinbarung nur die Grundrichtung der elterlichen Willensbildung zum Sorgerecht wiedergeben kann, diese aber keine abschließende Bindungswirkung hat und im Zweifel frei widerruflich ist. |
▪ |
Insbesondere eine Zustimmung zum Aufenthalt des Kindes bei dem anderen Elternteil kann nicht beliebig aufgekündigt werden. |
▪ |
Es empfiehlt sich eine einseitige oder gegenseitige Bevollmächtigung der Eltern, damit sie auch nach außen hin die Kinder in allen Angelegenheiten, einschließlich denjenigen des täglichen Lebens, vertreten können. |
▪ |
Wollen die Eltern ihre Kinder im sog. paritätischen Wechselmodell betreuen, ist dies eine Regelung des Umgangsrechts und lässt die gemeinsame elterliche Sorge unberührt. Dies gilt selbst dann, wenn einem Elternteil beim Wechselmodell das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen wird. |
II. Vereinbarungen zum Umgangsrecht
Rz. 73
In einer Vereinbarung über den Umgang sollten in erster Linie festgelegt werden:
▪ |
die regelmäßigen Umgangstermine nach Umfang und Zeitpunkt, |
▪ |
die Umgangskontakte während der Ferien und besonderer Tage wie Feiertage, Geburtstage usw., |
▪ |
ggf. auch eine Regelung über den Umgang von Großeltern und Geschwistern, Stiefeltern und Pflegeeltern, |
▪ |
darüber hinaus kann die Pflicht zum Umgang mit dem Kind in die Vereinbarung aufgenommen werden. |
Rz. 74
Praxistipp:
▪ |
Sofern größere Kontroversen zu befürchten sind, sollten alle Punkte, über die Unklarheit oder Streit entstehen kann, vorsorglich geregelt werden. |
▪ |
So auch die Modalitäten des Transports der Kinder sowie des Telefon- und E-Mail-Verkehrs sowie schließlich, wie ein Handy behandelt werden soll. |
▪ |
Zusätzlich kann eine Berücksichtigung der Umgangskosten beim Unterhalt aufgenommen werden, z.B. durch eine angemessene Minderung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens oder eine angemessene Erhöhung des Selbstbehalts beim umgangsberechtigten Elternteil (dazu siehe § 14 Rdn 64). |
▪ |
Es kann auch eine Beteiligung durch Abholung und Zurückbringung der Kinder durch den anderen Elternteil vereinbart werden. (Mitwirkungspflichten; dazu siehe § 23 Rdn 60). |
▪ |
Zu weiteren Mustervereinbarungen und aktuellen Diskussionsentwicklung vgl. auch: www.elternvereinbarung.de. |
Rz. 75
Wollen die Eltern ihre Kinder im sog. paritätischen Wechselmodell betreuen, ist dies eine Regelung des Umgangsrechts und wirkt sich nicht auf die gemeinsame elterliche Sorge aus. Dies gilt selbst dann, wenn einem Elternteil beim Wechselmodell das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen wird.