Rz. 2

Der BGH[3] verlangt bei der Wirksamkeitskontrolle (dazu näher Rdn 26) eine Gesamtwürdigung des Ehevertrages unter Berücksichtigung der von den Vertragsschließenden verfolgten Zwecke.

Für die Ermittlung der Vorstellungen der Ehegatten sind die folgenden Punkte von Bedeutung:[4]

Wird der Ehevertrag vor oder kurze Zeit nach der Heirat geschlossen oder aber nach längerer Ehedauer? Ist der Ehevertrag in Wirklichkeit eine Scheidungsfolgenvereinbarung, weil sich die Ehe bereits in der Krise befindet?
Ist einer der Ehegatten ein ausländischer Staatsangehöriger? Welchem Recht unterliegen die allgemeinen Wirkungen der Ehe? Wichtig: Europäische Unterhalts VO vom 18.6.2012!!!
Hat ein Ehegatte Kinder? Haben sie gemeinsames Kind oder ist die künftige Ehefrau schwanger? Besteht ein Kinderwunsch?
Wie sind die Einkommens- und Vermögensverhältnisse bei Abschluss des Ehevertrages und wie werden sie sich voraussichtlich in Zukunft entwickeln (Prognoseentscheidung)?
Ist das derzeitige Einkommen unterschiedlich oder etwa gleichhoch?
Verfügt ein Ehegatte über ausreichendes Vermögen, aus dessen Erträgnissen er auch ohne Einkommen aus Erwerbstätigkeit seinen Lebensunterhalt bestreiten kann?
Wie ist der geplante oder bereits verwirklichte Zuschnitt der Ehe, insbesondere beabsichtigt die Ehefrau, nach der Geburt eines Kindes ihre Berufstätigkeit wieder aufzunehmen oder sind sich die Ehegatten einig, dass sie sich ausschließlich dem Haushalt und der Betreuung der Kinder widmen soll?
 

Rz. 3

Wirksamkeitsbedenken bestehen, wenn

eine ungleiche Verhandlungsposition der Ehegatten/Verlobten und damit eine Disparität bei Vertragsabschluss erkennbar ist – Indiz dafür ist die Schwangerschaft der Frau
und die Vorstellungen des Ehemannes zu einem Inhalt des Vertrages führen, der für die Frau ausnahmslos nachteilig ist und
der zu einer evident einseitigen durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigten Lastenverteilung bei Scheidung der Ehe führt und
dessen Einzelregelungen durch keine berechtigten Belange des Mannes gerechtfertigt werden.
Ein Unterhaltsverzicht ist jedenfalls dann sittenwidrig, wenn er zulasten der Sozialhilfeträger geht.
[4] Schnitzler/Brambring, § 23 Rn 7.

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