Rz. 7

Unter Totenfürsorge wird gemeinhin das Recht und die Pflicht[5] verstanden, über den Leichnam und die Bestattung zu bestimmen sowie die letzte Ruhestätte auszuwählen.[6] Bedauerlicherweise ist dieses Recht nicht gesetzlich geregelt. Nach überwiegend und auch hier vertretener Auffassung handelt es sich um ein privates Recht.[7]

 

Rz. 8

Auch im Bestattungsrecht ist der Wille des Verstorbenen zu beachten.[8] Daher kann der Erblasser für seine Bestattung Bestimmungen hinterlassen und den Totenfürsorgeberechtigten auswählen. Formvorgaben existieren in der Regel[9] nicht – zu Beweiszwecken ist aber natürlich zur Schriftform zu raten.[10] Bestimmungen im Testament sind unpraktisch, da dieses häufig erst nach der Bestattung und damit zu spät eröffnet wird. Hat der Verstorbene aber keine Bestimmungen getroffen, sind in der Regel die nächsten Angehörigen die Totenfürsorgeberechtigten.[11]

 

Rz. 9

Der Erbe ist nicht automatisch der Totenfürsorgeberechtigte, häufig wird es sich aber um ein und dieselbe Person handeln.

 

Rz. 10

Rechtsprechung und Literatur zählen die Totenfürsorge zu den sonstigen Rechten nach § 823 Abs. 1 BGB.[12] Damit besteht grundsätzlich das Recht, Schadensersatz-[13] und Unterlassungsansprüche oder Schmerzensgeld[14] zu fordern.

 

Rz. 11

Auch über die Umbettung entscheidet grundsätzlich der Totenfürsorgeberechtigte.[15] Doch dessen Zustimmung allein genügt nicht. Die einschlägigen Satzungsbestimmungen bzw. sonstige regionale Bestimmung müssen geprüft und in der Regel eine Zustimmung des Friedhofsträgers eingeholt werden.[16] Dieser berücksichtigt bei seiner Entscheidung auch das Recht auf Totenruhe.[17] Dem Recht auf Totenruhe kommt dabei erhebliche Bedeutung zu, eine Umbettung soll daher nur in Ausnahmefällen genehmigt werden.[18] Ausnahmen können bspw. dann zugelassen werden, wenn ein ausdrücklicher oder mutmaßlicher Wille des Verstorbenen vorhanden war oder nach Abwägung aller Umstände die Achtung der Totenruhe hinter die Interessen des Totenfürsorgeberechtigten an der Umbettung zurücktreten muss.[19]

 

Rz. 12

Möglich ist auch, dass mehrere Personen Totenfürsorgeberechtigte sind. Wichtige Entscheidungen sollten nach hier vertretener Ansicht einstimmig erfolgen; Ausnahmen für weniger wichtige Fragen sollten möglich sein.[20] Für Streitigkeiten der Totenfürsorgeberechtigten untereinander steht in der Regel der Weg vor die Zivilgerichte offen,[21] ggf. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.

[5] Ob es eine Pflicht zur Übernahme der Totenfürsorge gibt, ist nach hier vertretener Ansicht noch nicht eindeutig geklärt und sollte abgelehnt werden. So auch Gutzeit/Vrban, NJW 2012, 1630, 1631; a.A. vermutlich, aber nicht deutlich erkennbar, da nicht diskutiert BGH, Beschl. v. 14.12.2011 – IV ZR 132/10 ff.; für eine Pflicht Karczewski, ZEV 2017, 129, 130.
[6] Vgl. bspw. RGZ 154, 269, 270 f.
[7] Statt aller MüKo/Küpper, § 1968 Rn 7.
[8] Statt aller Kurze/Goertz/Goertz, § 5 Rn 20.
[9] In Brandenburg soll nach einem Entwurf für eine Überarbeitung des Bestattungsrechts für die Entnahme einer kleinen Menge Asche für die Befüllung eines Schmuckstücks oder Ähnliches eine schriftliche Einwilligung des Verstorbenen erforderlich werden: Landtag Brandenburg, Drucks. 6/7368, S. 10; vgl. bspw. § 17 Abs. 2 BayBestV.
[10] Auch mit Blick auf die zahlreichen Entscheidungen der Gerichte zu Umbettungen, bei denen die Beteiligten den Willen des Verstorbenen selten ausreichend nachweisen können, ist dringend zur Schriftform zu raten.
[11] Gaedke, Kap 5 Rn 5 f.
[12] MüKo/Küpper, § 1968 Fn 51 m.w.N.; BeckOGK-BGB/Spindler, § 823 Rn 181.
[13] Bonefeld/Wachter/Schmalenbach, § 10 Rn 93. Zu Ansprüchen nach § 839 BGB: KG Berlin, Urt. v. 5.4.2016 – 9 U 41/15, Ls. zit. nach juris.
[14] LG Ulm, Urt. v. 20.1.2012 – 2 O 356/11, Rn 40 ff.; AG Rinteln, Urt. v. 23.12.2015 – 2 C 183/14; LG Krefeld, Urt. v. 24.2.2017 – 1 S 68/16, Rn 10 ff.; zit. nach juris.
[16] Kurze/Goertz/Goertz, § 5 Rn 35.
[17] BGH, Urt. v. 26.2.1992 – XII ZR 58/91, Rn 20 ff., zit. nach juris und Kurze/Goertz/Goertz, § 5 Rn 35 m.w.N.
[18] So bspw. OVG NRW, Urt. v. 30.7.2009 – 19 A 957/09, Rn 32, zit. nach juris.
[19] Bspw. Sächs. OVG, Urt. v. 5.6.2014 – 3 A 585/13, Ls. 1; OVG NRW, Urt. v. 12.12.2012 – 19 A 2207/11, Ls. 1, zit. nach juris. Zu grundrechtlichen Beeinträchtigungen durch Versagen der Umbettung: VerfGH Brandenburg, Beschl. v. 24.3.2017 – VfGBbg 68/15 – das Gericht zeigt sich den Einwänden gegenüber ausdrücklich offen (Rn 16), kann aber in der Sache letztlich nicht darauf eingehen.
[20] So auch: Bonefeld/Wachter/Schmalenbach, § 10 Rn 81 ff.
[21] OVG NRW, Beschl. v. 1.6.2007 – 19 B 675/07, Rn 6; VG Karlsruhe, Beschl. v. 12.7.2017 – 7 K 6544/16, Rn 5; zit. nach juris.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge