Dr. Dietmar Kurze, Désirée Goertz
Rz. 7
Unter Totenfürsorge wird gemeinhin das Recht verstanden, über den Leichnam und die Bestattung zu bestimmen sowie die letzte Ruhestätte auszuwählen. Bedauerlicherweise ist dieses Recht nicht gesetzlich geregelt. Nach überwiegend und auch hier vertretener Auffassung handelt es sich um ein privates Recht. Der BGH hat auch eine Pflicht zur Totenfürsorge angenommen. Diese wird hier abgelehnt. Eine zivilrechtliche Pflicht muss gegenüber einer Person bestehen. Der Betroffene ist verstorben, und wer soll nach ihm Berechtigter sein? Mit dem BGH eine GoA zuzulassen, die nur auf einer Pflicht beruht, erscheint zweifelhaft. Es sollte bei der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht bleiben.
Rz. 8
Zu beachten ist der Wille des Verstorbenen. Der Erblasser kann für seine Bestattung Anweisungen treffen und den Totenfürsorgeberechtigten auswählen. Formvorgaben existieren nicht. Zu Beweiszwecken und zur Vermeidung von Streitigkeiten um die Art und Weise der Beisetzung und sogar Umbettungen ist aber zur Schriftform zu raten. Bestimmungen im Testament sind unpraktisch, da dieses häufig erst nach der Bestattung und damit zu spät eröffnet wird. Hat der Verstorbene aber keine direkte, konkludente oder durch Auslegung zu ermittelnde Bestimmung getroffen, sind in der Regel die nächsten Angehörigen die Totenfürsorgeberechtigten. Der Erbe ist nicht als solcher totenfürsorgeberechtigt; häufig wird es sich aber um ein und dieselbe Person handeln.
Rz. 9
Rechtsprechung und Literatur zählen die Totenfürsorge zu den sonstigen Rechten nach § 823 Abs. 1 BGB. Damit besteht grundsätzlich das Recht, Schadensersatz und Unterlassung oder Schmerzensgeld zu fordern.
Rz. 10
Auch über die Umbettung entscheidet grundsätzlich der Totenfürsorgeberechtigte. Doch dessen Zustimmung allein genügt nicht. Die einschlägigen Satzungsbestimmungen bzw. sonstige regionale Bestimmung müssen geprüft und in der Regel eine Zustimmung des Friedhofsträgers eingeholt werden. Dieser berücksichtigt bei seiner Entscheidung insbesondere den Schutz der Totenruhe. Eine Umbettung soll daher nur in Ausnahmefällen genehmigt werden. Diese können bspw. dann angenommen werden, wenn ein ausdrücklicher oder mutmaßlicher Wille des Verstorbenen vorhanden war, der durch die bisherige Grabstelle missachtet wird, oder nach Abwägung aller Umstände die Achtung der Totenruhe hinter den Interessen des Totenfürsorgeberechtigten an der Umbettung zurücktreten muss.
Rz. 11
Möglich ist auch, dass mehrere Personen totenfürsorgeberechtigt sind. Für Streitigkeiten der Totenfürsorgeberechtigten untereinander steht in der Regel der Weg vor die Zivilgerichte offen, ggf. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes. Entscheidend ist aber nicht eine mehrheitliche Meinung oder die von dem Verstorbenen näherstehende Personen, sondern das, was dem Willen des Verstorbenen entsprochen hätte. Auf seinen ausdrücklichen, konkludent erklärten oder durch Auslegung zu ermittelnden Willen ist abzustellen. Nachranging totenfürsorgeberechtigten Personen wird keine Überwachungszuständigkeit und damit auch keine aktive Prozessführungsbefugnis zugebilligt. Das wird hier abgelehnt, da es so regelmäßig niemanden gäbe, der den Willen des Verstorbenen gegen den Totenfürsorgeberechtigten durchsetzen kann.