Rz. 29
Das Verbot des Insichgeschäfts gilt zunächst für alle Verträge und rechtsgeschäftlichen Erklärungen. Ob das Verbot von Insichgeschäften nach § 181 BGB auch für Gesellschafterbeschlüsse einer GmbH gilt, ist umstritten. Nach der älteren Auffassung wurde eine Anwendbarkeit von § 181 BGB in diesen Fällen mit der formalen Begründung abgelehnt, die Beschlüsse seien nicht als "Rechtsgeschäfte" der Gesellschafter untereinander, sondern als Sozialakte ggü. der Gesellschaft anzusehen. Nach heute herrschender Meinung ist § 181 BGB jedenfalls auf satzungsändernde Beschlüsse einschließlich aller Arten der Umwandlung, Abschluss und Aufhebung von Unternehmensverträgen aufseiten abhängiger Gesellschaften sowie Auflösung der Gesellschaft anwendbar, da die Beschlüsse der Sache nach Vertragsabschlüssen zwischen den Abstimmenden sind. Gleichfalls anwendbar ist § 181 BGB in dem praktisch bedeutsamen Fall, in dem der Geschäftsführer der Gesellschafterin einer (Tochter-)GmbH sich selbst bei der Tochter-GmbH zum Geschäftsführer bestellt und dazu die Muttergesellschaft in der Gesellschafterversammlung vertritt. Der Geschäftsführer muss für eine solche "Selbstbestellung" von den Beschränkungen des § 181 BGB wirksam befreit sein.
Rz. 30
Einen Sonderfall des § 181 BGB bildet § 112 AktG. Da der Aufsichtsrat in einer AG die Gesellschaft ggü. den Vorstandsmitgliedern (auch ggü. ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern) vertritt, ist ein Insichgeschäft (Handeln im Namen der AG und im eigenen Namen) bei den Mitgliedern des Vorstands gesetzlich ausgeschlossen. Wohl aber kommt eine Mehrvertretung in Betracht, wenn ein Vorstandsmitglied für die AG und als Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft dieser AG handelt. Kein Fall des § 112 AktG, sondern des § 47 Abs. 4 GmbHG ist nach herrschender Auffassung die Bestellung eines Vorstandsmitglieds zum Geschäftsführer bei der Tochter-GmbH. In diesen Fällen liegt indes kein Stimmverbot des gesetzlichen Vertreters der Muttergesellschaft vor, da dieser in der Regel mit der Bestellung kein privates Sonderinteresse zu Lasten des Gesellschafterinteresses verfolgt. Allerdings handelt es sich nach herrschender Meinung bei der Selbstbestellung um einen Fall von § 181, 1. Alt. BGB, bei der das betroffene Vorstandsmitglied von einer Vertretung der AG ausgeschlossen ist. In diesen Fällen wird man die Bestellung nach der neueren Rspr. des BGH durch andere Vorstandsmitglieder durchführen müssen, wobei ggf. eine Aufspaltung in mehrere Beschlüsse notwendig wird, wenn sämtliche Vorstandsmitglieder zu Geschäftsführern bestellt werden sollen. Soll der Alleinvorstand zum Geschäftsführer bestellt werden, wird man einen Beschluss des Aufsichtsrats herbeiführen müssen.
Hinweis
Sollen Vorstandsmitglieder von den Beschränkungen des § 181 BGB soweit wie möglich befreit werden, kommt wegen § 112 AktG nur eine Befreiung von dem Verbot der Mehrvertretung (§ 181, 2. Alt. BGB) infrage. Aufsichtsratsbeschluss und Handelsregisteranmeldung sollten entsprechend gefasst werden, da das Registergericht eine "generelle Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB" unter Hinweis auf § 112 AktG als unzulässig zurückweisen könnte. Für eine GmbH mit fakultativem Aufsichtsrat empfiehlt es sich, die Anwendbarkeit des § 112 AktG (über die Verweisung in § 52 Abs. 1 GmbHG) im Gesellschaftsvertrag der GmbH auszuschließen, falls dies gewünscht wird. Bei der Bestellung von Vorstandsmitgliedern zu Geschäftsführern bei Tochtergesellschaften gilt nach herrschender Meinung nicht § 112 AktG; wohl aber ist § 181, 1. Alt. BGB einschlägig.
Rz. 31
Der Geschäftsführer einer GmbH, der mit sich selbst einen Vertrag schließt, unterliegt § 181 BGB. Bei konzerninternen Rechtsgeschäften wird ein Fall der Mehrvertretung angenommen, wenn ein Geschäftsführer personengleich für mehrere Gesellschaften handelt. Kein Verstoß gegen § 181 BGB liegt vor, wenn ein Geschäftsführer einen Vertrag im eigenen Namen mit einem Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigten seiner Gesellschaft abschließt, da dieser mit dem Geschäftsführer nicht personengleich ist. Ein solches Rechtsgeschäft ist aber jedenfalls dann unzulässig, wenn der Geschäftsführer zugleich der alleinige Gesellschafter ist, weil sich der Prokurist nicht an die Gesellschafterversammlung wenden kann und letztlich als Unterbevollmächtigter des Geschäftsführers tätig wird.
Ohne gegen das Verbot des § 181 BGB zu verstoßen, kann einer von mehreren gesamtvertretungsberechtigten Geschäftsführern einen anderen Geschäftsführer zunächst zur Alleinvertretung der Gesellschaft ermächtigen (§ 78 Abs. 4 Satz 1 AktG analog) und dann mit diesem das Rechtsgeschäft abschließen.
Rz. 32
Ob Erklärungen für mehrere Vertragsparteien, die parallel ggü. einer anderen Vertragspartei abgegeben werden, § 181 BGB unterliegen, ist nicht zweifelsfrei.
Beispiel
Drei Verkäufer werden ggü. einem Käufer in einem Unternehmenskaufvertrag durch dieselbe Person vertreten. Die Erklärungen der Verkäufer werden par...