Rz. 41
In der Praxis sind insb. folgende Vorgänge mit einem Bezug zum Gesellschaftsrecht oder angrenzenden Rechtsgebieten beurkundungspflichtig:
Gründung einer Kapitalgesellschaft |
§ 2 GmbHG, § 23 AktG |
Verkauf, Übertragung oder Verpfändung von GmbH-Anteilen |
§ 15 Abs. 3, 4 GmbHG, § 1274 Abs. 1 BGB |
Gesellschafterversammlungen einer GmbH (bestimmte Fälle) |
§ 53 GmbHG |
Hauptversammlungen einer AG (bestimmte Fälle) |
§ 130 AktG |
Umwandlungsvorgänge |
§§ 6, 13 Abs. 3, 193 Abs. 3 UmwG |
Verkauf und Übertragung von Grundbesitz |
§ 311b Abs. 1 BGB |
Gesamtvermögensübertragung, Verpflichtung zur Gesamtvermögensübertragung (bestimmte Fälle) |
§ 311b Abs. 3 BGB und § 179a AktG |
Verzichtserklärungen nach dem UmwG |
z.B. § 8 Abs. 3 UmwG |
Erbrecht: z.B. Verfügungen von Todes wegen, Schenkungsversprechen von Todes wegen, Erb- und Pflichtteilsverzicht. Erbschaftskauf, Erbteilsübertragung und eidesstattliche Versicherung für Erbscheinsantrag |
z.B. §§ 2232, 2276, 2301 Abs. 1, 2348, 2033 Abs. 1 Satz 2, 2371 BGB, § 352 Abs. 3 FamFG |
Familienrecht: z.B. Ehevertrag und Scheidungsvereinbarung, Vaterschaftsanerkennung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung |
z.B. §§ 1410, 1597, 1626d, 1750, 1752 Abs. 2 BGB |
Zwangsvollstreckungsunterwerfungen |
§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO |
Schenkungsversprechen |
§ 518 Abs. 1 BGB |
I. Satzungen und Gesellschaftsverträge bei Kapitalgesellschaften
Rz. 42
Sämtliche gesellschaftsvertraglichen bzw. satzungsmäßigen Vereinbarungen einer GmbH bzw. einer AG bedürfen der notariellen Beurkundung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, § 23 Abs. 1 Satz 1 AktG). Das Beurkundungserfordernis umfasst nicht nur den notwendigen Inhalt der Satzung bzw. des Gesellschaftsvertrages, sondern auch alle darüber hinausgehenden Regelungen zum fakultativen Satzungsinhalt.
Anders ist die Rechtslage im Recht der Personengesellschaften. Bei Personengesellschaften besteht grds. kein Formzwang. Gesellschaftsverträge können sogar konkludent abgeschlossen und Anteile an einer Personengesellschaft formlos übertragen werden. Ein Gesellschaftsvertrag zur Gründung einer Personengesellschaft bedarf allerdings ausnahmsweise der Beurkundung, wenn sich daraus die Verpflichtung zumindest eines Gesellschafters oder der Gesellschaft zu Veräußerung oder Erwerb eines Grundstücks ergibt. Dies gilt auch, wenn das einzubringende Grundstück erst noch beschafft werden muss, das Grundstück als solches aber bereits bestimmt oder bestimmbar ist. Gleiches gilt, wenn GmbH-Geschäftsanteile Gegenstand einer Einlageverpflichtung bilden (§ 15 GmbHG) oder der Gesellschaftsvertrag mittelbar eine Verpflichtung enthält, GmbH-Anteile zu erwerben.
Schuldrechtliche Nebenabreden, die nur im Verhältnis der Gesellschafter untereinander wirken und künftige Gesellschafter nicht binden, sind hingegen auch bei Kapitalgesellschaften formfrei möglich. Hauptanwendungsfall sind Stimmbindungs- oder Poolverträge, mit denen Gesellschafter oder Gesellschaftergruppen die Ausübung ihrer Gesellschafterrechte koordinieren (sofern darin keine Pflicht zur Übertragung von GmbH-Anteilen, z.B. bei Optionen, enthalten ist).
Ein bloßer Formmangel des Gesellschaftsvertrages selbst oder einer Vollmacht wird durch Eintragung in das Handelsregister geheilt.
II. Gründungsvollmacht
Rz. 43
Die Vollmacht zur Gründung einer GmbH oder einer AG bedarf der notariellen Beglaubigung (§ 2 Abs. 2 GmbHG, § 23 Abs. 1 Satz 2 AktG). Ist keine Vollmacht erteilt oder fehlt ihr die notwendige Form, ist der Gesellschafter bei der Gründung nicht wirksam vertreten, sodass das Registergericht gem. § 9c Abs. 1 Satz 1 GmbHG die Eintragung der Gesellschaft ablehnen muss.
Rz. 44
Bei einer Mehrpersonengründung ist der Gesellschaftsvertrag in einem solchen Fall gem. § 177 Abs. 1 BGB schwebend unwirksam. Die Genehmigung bedarf nach herrschender Meinung (ausnahmsweise) der Form des § 2 Abs. 2 GmbHG. Sofern der Vertretene die Genehmigung verweigert, ist der Geschäftsanteil des angeblich Vertretenen nicht entstanden, sodass das Beanstandungs- und Auflösungsverfahren nach § 399 Abs. 4 FamFG eingreift.
Bei der Einmanngründung (also auch bei Gründung einer GmbH durch eine andere GmbH als alleinige Gesellschafterin) ist das einseitige Errichtungsgeschäft demgegenüber gem. § 180 BGB nichtig. Eine Genehmigung kommt nicht in Betracht. Wird die GmbH dennoch in das Handelsregister eingetragen, ist ungewiss (und wohl eher zu verneinen), ob einer solchen Eintragung heilende Wirkung zukommt. Im Zweifel handelt es sich um eine Scheingesellschaft, die von Amts wegen zu löschen ist.
Hinweis
Wegen dieser Rechtsfolge ist jedenfalls bei Einmanngesellschaften (auch Konzerngesellschaften mit nur einer Muttergesellschaft) dringend davor zu warnen, mit einem vollmachtlosen Vertreter eine Kapitalgesellsc...