Rz. 84
Die Übertragung von Anteilen an einer GmbH & Co. KG ist grds. auch dann formfrei, wenn zum Gesamthandsvermögen GmbH-Anteile oder Grundbesitz gehören, da Vertragsgegenstand nur die Gesellschaftsbeteiligung als solche, der Erwerb des Grundstücks bzw. GmbH-Geschäftsanteils hingegen lediglich Rechtsfolge dieses Erwerbs ist. Bei der GmbH & Co. KG ist jedoch die Wahrung der Beteiligungsidentität bzgl. KG und Komplementär-GmbH von Bedeutung, sodass bei einer Anteilsveräußerung in der Praxis häufig die Kommanditbeteiligung und der entsprechende Geschäftsanteil an der Komplementär-GmbH an denselben Erwerber veräußert wird. Überträgt der Kommanditist seine Kommanditbeteiligung und gleichzeitig seine Geschäftsanteile an der Komplementär-GmbH, wird es sich in aller Regel rechtlich um einen einheitlichen Erwerb handeln mit der Folge, dass sich der Formzwang des § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG auch auf die Vereinbarung zur Übertragung des Kommanditanteils erstreckt. Umgekehrt erfasst dann auch die Heilungswirkung durch die Abtretung des GmbH-Geschäftsanteils nach § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG die schuldrechtliche Vereinbarung zur Veräußerung der Kommanditbeteiligung. Für eine GmbH im Stadium der Unternehmergesellschaft (UG) als Komplementärin ergeben sich keine Besonderheiten, da die UG nur eine besondere Form der GmbH ist.
Rz. 85
Fraglich ist, ob eine mittelbare Verpflichtung aufgrund eines wirtschaftlichen Drucks und damit eines faktischen Zwangs zur Beurkundungspflicht des Kaufvertrages über die Kommanditbeteiligung führen kann. Eine solche Konstellation liegt etwa vor, wenn in der Vereinbarung über die Veräußerung und Übertragung der Kommanditbeteiligung eine Regelung getroffen wird, nach der es für den veräußernden Kommanditisten mit einem wirtschaftlichen Nachteil verbunden ist, wenn er nicht zeitnah auch seine Beteiligung an der Komplementär-GmbH formwirksam veräußert und abtritt.
Hinweis
Die gewünschte Verzahnung zwischen den Gesellschafterstellungen bei der Komplementär-GmbH und der KG lässt sich in der Praxis etwa dadurch erreichen, dass eine Minderung des Kaufpreises für die Kommanditbeteiligung für den Fall vereinbart wird, dass der Geschäftsanteil an der Komplementär-GmbH nicht auch zu gegebener Zeit in notariell beurkundeter Form dem verbleibenden Kommanditisten zum Kauf angeboten wird.
Bei einer Vereinbarung, die für den Fall der Nichtveräußerung oder des Nichterwerbs von Grundbesitz ins Gewicht fallende wirtschaftliche Nachteile, wie etwa eine Vertragsstrafe, vorsieht und so eine mittelbare Verpflichtung zur Veräußerung bzw. zum Erwerb von Grundbesitz begründet, wird der Formzwang des § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB bejaht. Die Frage, ob dies auch für die Begründung einer mittelbaren Pflicht zur Abtretung eines Geschäftsanteils durch die Vereinbarung eines wirtschaftlichen Nachteils gilt, ist – soweit ersichtlich – in der Rspr. bislang noch nicht entschieden worden.
Allerdings bestehen erhebliche Zweifel an einer Übertragbarkeit der Rspr. zur mittelbaren Pflicht zur Veräußerung bzw. zum Erwerb von Grundbesitz auf die hier in Rede stehende Abtretung von Geschäftsanteilen. Im Unterschied zu der Formvorschrift des § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB ist es nicht Sinn und Zweck des Formzwangs des § 15 Abs. 3, Abs. 4 Satz 1 GmbHG, eine leichtfertige Veräußerung zu verhindern, sondern vielmehr, einen leichten und spekulativen Handel mit Geschäftsanteilen im Interesse des Anlegerschutzes zu unterbinden und den Beweis über die Veräußerung zu erleichtern. Eine mittelbare Verpflichtung ist jedoch nicht geeignet, einen formlosen Handel mit Gesellschaftsanteilen zu fördern. Der wirtschaftliche Zwang zur Veräußerung und Abtretung der Geschäftsanteile dient vielmehr lediglich dem individuellen Sicherungsbedürfnis einer Vertragspartei. Die Formvorschrift des § 15 GmbHG ist deshalb über ihren Wortlaut hinaus nicht auf Fälle zu erstrecken, die von dem Sinn und Zweck des Formzwangs nicht erfasst werden. Daher ist eine Pflicht zur Beurkundung des Kaufvertrages über die Kommanditbeteiligung nach § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG bei der Begründung nur eines faktischen Zwangs zur Abtretung von Geschäftsanteilen mit der wohl herrschenden Auffassung im Schrifttum zu verneinen. Dieses Ergebnis ist jedoch bislang nicht durch Rspr. abgesichert.
Rz. 86
Sollen Beurkundungskosten bei der Übertragung von Kommanditanteilen vermieden werden, wird in der Praxis mitunter auf die Errichtung einer sog. Einheitsgesellschaft zurückgegriffen. Dabei handelt es sich um eine GmbH & Co. KG, bei der die KG sämtliche Geschäftsanteile an ihrer eigenen Komplementär-GmbH hält.
Hinweis
Bei der Gründung einer solchen Gesellschaft ist zur Vermeidung eines Beurkundungserfordernisses darauf zu achten, dass der KG-Gesellschaftsvertrag keine Pflicht zur Abtretung der Geschäftsanteile enthält. Hier bietet sich vielmehr zur Sicherstellung, dass die Gesellschafter der Komplementär-GmbH ihre Geschäftsanteile an die KG abtreten, etwa eine Regelung an, wonach ein...