1. Anteilsverkäufe und -übertragungen
Rz. 101
Der dogmatische Meinungsstreit über die Wirksamkeit von Auslandsbeurkundungen war vor allem dadurch überlagert, dass ein Teil der Auffassungen nicht frei von berufsständischen Eigeninteressen ist. Nachdem der BGH die Auslandsbeurkundung von GmbH-Anteilskäufen und -übertragungen in Basel-Stadt erneut und zutreffend für wirksam gehalten (und den Baseler Notar außerdem für berechtigt erklärt hat, die aktualisierte Gesellschafterliste zum deutschen Handelsregister einzureichen), kann der frühere Meinungsstreit im Schrifttum als überholt angesehen werden.
Rz. 102
Aufgrund dieser neueren Entscheidung des BGH besteht gegenwärtig kein Anlass, die Wirksamkeit der Beurkundung von Anteilsverkäufen und -übertragungen durch Notare in Basel-Stadt generell infrage zu stellen. In jüngerer Zeit hat das OLG Düsseldorf mit Beschl. v. 2.3.2011 diese Rspr. ebenfalls ausdrücklich bestätigt und ist vom BGH entsprechend zitiert worden. Die Entscheidungen einzelner Instanzgerichte, die eine Gleichwertigkeit der Beurkundung in der Schweiz abgelehnt haben, beziehen sich nicht auf Anteilsverkäufe und -übertragungen, sondern nur auf statusrelevante Maßnahmen. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber offenbar selbst für die Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen von einer grundsätzlichen Wirksamkeit der Auslandsbeurkundung ausgeht. Die Auffassung, die die schweizerische Beurkundung jedenfalls bei Anteilskauf- und -übertragungsverträgen für wirksam hält, ist deshalb zutreffend. Dies gilt auch, nachdem die Übertragung von GmbH-Anteilen nach schweizerischem Recht seit dem 1.1.2008 keiner Beurkundung mehr bedarf, solange die deutschen Formvorschriften bei der schweizerischen Beurkundung weiterhin entsprechend beachtet werden. Auch die Aufwertung der Gesellschafterliste (§§ 16, 40 GmbHG) durch das MoMiG ändert daran nichts, weil in Fällen der Auslandsbeurkundung die Geschäftsführer anstelle des Notars verpflichtet sind, die aktualisierte Gesellschafterliste auf entsprechenden Nachweis zum Handelsregister einzureichen und ein gutgläubiger Erwerb dann an die solchermaßen eingereichte Liste anknüpft. Daneben billigt der BGH dem ausländischen Notar auch eine Einreichungskompetenz als Annex aus seiner Beurkundungskompetenz zur Einreichung der Liste zu, wenn er an der wirksamen Anteilsübertragung mitgewirkt hat. Wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 40 Abs. 2 GmbHG ergibt, berührt die Pflicht zur Einreichung der Liste der Gesellschafter nicht die Wirksamkeit der vorangehenden Abtretung. Im Gegenteil setzt die Begründung des MoMiG gerade die Zulässigkeit der Auslandsbeurkundung voraus und bestätigt diese implizit. § 40 Abs. 2 GmbHG ist nicht Teil des beurkundungspflichtigen Abtretungsvorgangs, sondern lediglich ein nachgelagertes Anmeldeerfordernis. Einzig entscheidend für die Wirksamkeit der Abtretung ist deshalb nach wie vor, ob die Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 1 EGBGB für den Übertragungsvertrag erfüllt sind. Aus den gleichen Gründen unzutreffend und abzulehnen ist daher auch das unbegründete und völlig unnötige obiter dictum des LG Frankfurt am Main, dem der BGH nicht gefolgt ist, und das im Schrifttum zu Recht einhellig Kritik erfahren hat.
Die Auslandsbeurkundung in Basel-Stadt ist daher nach wie vor bei Anteilskäufen und Anteilsübertragungen wirksam. Der z.T. aus wirtschaftlichen Eigeninteressen geführte Meinungsstreit im Schrifttum ist seit der jüngsten BGH-Entscheidung überholt.
Hinweis
Obgleich der BGH Zweifel an der Wirksamkeit von Auslandsbeurkundungen bei Anteilskäufen in Basel-Stadt beseitigt hat, muss gleichwohl in jedem Fall abgewogen werden, ob tatsächlich geringere Kosten bei der Auslandsbeurkundung im Vergleich zu einer inländischen Beurkundung anfallen. Zwar sind die notariellen Gebühren möglicherweise niedriger. Dafür fallen unter Umständen Reisekosten und sonstige Kosten an, die bei einer Beurkundung vor einem deutschen Notar nicht entstanden wären. Als Faustregel wird man sagen können, dass sich eine Auslandsbeurkundung erst bei höheren Gegenstandswerten lohnt.