Rz. 57

Ist noch keine Ehesache anhängig und sollen Kindes- oder Ehegattenunterhaltsansprüche eingeklagt werden, so ist folgendermaßen zu prüfen:

Ist die Höhe des Einkommens des Gegners bekannt und liegt nicht bereits ein Titel vor (Urteil, Prozessvergleich, Anwaltsvergleich, Jugendamtsurkunde, notarielle Urkunde), so ist ein Leistungsantrag zu stellen.
Ist die Höhe des Einkommens des Gegners nicht bekannt, so ist der Stufenantrag gem. § 254 ZPO die richtige Antragsart.
Liegt bereits ein Unterhaltstitel vor (Urteil, Prozessvergleich, Anwaltsvergleich, Jugendamtsurkunde, notarielle Urkunde), so dass das Rechtsschutzinteresse für einen Leistungsantrag entfällt, so ist der Abänderungsantrag, § 238 ff. FamFG, die einschlägige Antragsart.
 

Rz. 58

 

Hinweis

Einstweilige Anordnungen sind keine Titel, die das Rechtsschutzinteresse für einen Leistungsantrag entfallen lassen, weil es sich nicht um materiell-rechtlich wirksame Titel handelt.

Soll die Vollstreckbarkeit eines Titels beseitigt werden, so ist im Wege der Vollstreckungsabwehrantrag, § 767 ZPO, vorzugehen.
Soll zu Unrecht gezahlter Unterhalt zurückgefordert werden, so ist der Bereicherungsantrag nach § 812 BGB zu erheben.

aa) Leistungsantrag zur Geltendmachung von Trennungsunterhalt

 

Rz. 59

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass zwischen Trennungsunterhalt[52] und nachehelichem Unterhalt keine Identität besteht. Der Trennungsunterhalt wird nur bis zu dem Monat geschuldet, in welchem die Scheidung rechtskräftig wird. Für die Zeit danach ist der Trennungsunterhaltstitel unwirksam!

 

Rz. 60

Soll ein Unterhaltsrückstand geltend gemacht werden, so ist in der Antragsschrift dazu vorzutragen, dass der Unterhaltsschuldner in Verzug gesetzt worden ist. Hierzu genügt es nach der Neufassung des § 1613 BGB, auf den die §§ 1361 Abs. 4 S. 4 und 1360a Abs. 3 BGB verweisen, dass der Unterhaltsverpflichtete aufgefordert worden ist, Auskunft über sein Einkommen zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs zu erteilen (Auskunftsverlangen fingiert die Mahnung).

[52] Vgl. Muster Rdn 194.

bb) Stufenantrag zur Geltendmachung von Trennungsunterhalt

 

Rz. 61

Ist das Einkommen des Unterhaltsschuldners nicht bekannt und war das außergerichtliche Auskunftsersuchen nicht erfolgreich, so könnte grundsätzlich ein Auskunftsverfahren eingeleitet werden. Dies ist jedoch nicht ausreichend, denn der Unterhaltsberechtigte möchte Geld haben, nicht nur eine Auskunft. Es ist sinnvoll, im Wege der objektiven Antragshäufung (Auskunft, eidesstattliche Versicherung, Zahlung) vorzugehen.[53]

 

Rz. 62

 

Tipp

Der Vorteil des Stufenverfahrens liegt darin, dass der Zahlungsantrag zunächst nicht beziffert wird. Trotzdem wird auch der (noch unbezifferte) Zahlungsantrag rechtshängig.

 

Rz. 63

Alternativ dazu besteht dann, wenn das Einkommen des Unterhaltsverpflichteten im Wesentlichen bekannt ist, die Möglichkeit, direkt den Zahlungsantrag zu erheben und ein bestimmtes Einkommen des Schuldners zu behaupten. Dies hat den Vorteil, schneller zu einem Titel zu kommen. Es hat den Nachteil, dass der Antragsteller auf einem Teil der Kosten sitzen bleiben kann (vgl. § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 FamFG).

 

Rz. 64

Es ist auch möglich, den Stufenantrag zu stellen und parallel dazu bereits einen Mindestunterhaltsbetrag (als weiteren Antrag neben dem unbezifferten Zahlungsantrag) geltend zu machen. In diesem Zusammenhang ist auf die Vorschrift des § 235 FamFG hinzuweisen, wonach das Gericht anordnen kann, dass die Beteiligten Auskunft über ihre Einkünfte, ihr Vermögen und ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erteilen und entsprechende Belege vorlegen müssen.

 

Rz. 65

Wird ein entsprechender Antrag gestellt, so hat das Gericht dem Gegner eine Frist zur Vorlage der Unterlagen zu setzen, § 235 Abs. 2 S. 1 FamFG, wenn der Beteiligte vor Beginn des Verfahrens einer nach bürgerlichem Recht bestehenden Auskunftspflicht, entgegen einer Aufforderung, innerhalb angemessener Frist nicht nachgekommen ist.

 

Rz. 66

 

Tipp

Das Gericht kann nach § 117 Abs. 2 S. 2–4 ZPO die im Verfahren auf Bewilligung von Verfahrenshilfe eingereichten Unterlagen dem Antragsgegner auch ohne Zustimmung des Antragstellers zugänglich machen (§ 76 Abs. 1 i.V.m.§ 117 Abs. 2 S. 2 ZPO).[54] Auch auf diese Weise kann das Einkommen des anderen Beteiligten schnell und kostengünstig in Erfahrung gebracht werden.

[53] Vgl. Muster Rdn 195.
[54] Götschke, FamRZ 2009, 383 ff.

cc) Abänderungsverfahren zum Trennungsunterhalt, §§ 238 ff. FamFG

 

Rz. 67

Während der Trennungszeit können sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowohl beim Unterhaltsverpflichteten (Leistungsfähigkeit) als auch beim Unterhaltsberechtigten (Bedarf oder Bedürftigkeit) wesentlich verändern, so dass es erforderlich wird, Urteile, Beschlüsse und sonstige Titel abzuändern.[55]

[55] Vgl. Muster Rdn 197.

(1) Ziel des Abänderungsverfahrens

 

Rz. 68

Ziel des Abänderungsverfahrens ist es, vorhandene Titel einer nachträglichen wesentlichen Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse anzupassen. Das Abänderungsverfahren unterscheidet sich folgendermaßen von anderen Antragsarten:

 

Rz. 69

Mit dem Vollstreckungsabwehrantrag, § 767 ZPO, kann einem titulierten Anspruch die Vollstreckbarkeit aberkannt werden, weil eine rechtshemmende oder...

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