Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 424
Auch rückständiger Kindesunterhalt kann verwirken. Wird jedoch nur der Mindestunterhalt geltend gemacht, müssen besondere Gründe das Vorliegen des Zeit- und Umstandsmoments rechtfertigen, weil der Pflichtige trotz Zeitablaufs nicht damit rechnen kann, dass das minderjährige Kind nicht auf den Unterhalt in dieser Höhe angewiesen ist. Solche besonderen Umstände muss der Zahlungspflichtige darlegen, der sich auf die Verwirkung beruft.
Rz. 425
Der Unterhaltsanspruch eines Kindes kann sogar vor der Vaterschaftsfeststellung verwirken. Auch wenn der Lauf der Verjährungsfrist erst mit rechtskräftiger Feststellung der Vaterschaft beginnt, kann der Einwand der Verwirkung schon vor Ablauf der Verjährungsfrist geltend gemacht werden, wenn die Einleitung des Verfahrens zur Feststellung der Vaterschaft nicht wegen des Verhaltens des Vaters verzögert wurde, sondern der gesetzliche Vertreter trotz der unzweifelhaften Kenntnis der biologischen Vaterschaft die Feststellung über mehrere Jahre hinweg nicht betrieb.
Rz. 426
OLG Saarbrücken v. 21.7.2014 – 9 WF 49/14
Zitat
1. Auch bei Geltendmachung rückständigen Unterhalts für ein minderjähriges Kind liegt das Zeitmoment des Verwirkungstatbestandes vor, wenn die Kindesmutter, deren Verschulden sich das Kind zurechnen lassen muss, es trotz unzweifelhafter Kenntnis der biologischen Vaterschaft über Jahre unterlassen hat, die Scheinvaterschaft ihres Ehemanns anzufechten und den leiblichen Vater in Anspruch zu nehmen oder im Bestreitensfall die Vaterschaft gerichtlich feststellen zu lassen.
2. An diesen Entscheidungen muss der Unterhaltsberechtigte sich festhalten lassen. Sie haben dazu geführt, dass der eigentlich Unterhaltsverpflichtete von der schieren Existenz des Kindes nichts wusste, nichts wissen konnte und daher auch außer Stande war, sich in seiner Lebensführung und Einkommensverwendung eben hierauf und damit auf etwaige Unterhaltsverpflichtungen einzustellen.