Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 253
Ist in der Erstentscheidung – ausdrücklich oder stillschweigend – in der Sache über eine Befristung entscheiden worden, kann der Unterhaltspflichtige nur noch unter den Voraussetzungen des Abänderungsverfahrens (§ 238 FamFG) gegen diese rechtskräftige Entscheidung vorgehen (siehe § 14 Rdn 232 ff.).
a) Grundüberlegungen
Rz. 254
In der Praxis muss dann sowohl die damalige gerichtliche Entscheidung als auch der zugrunde liegende Sachvortrag genau untersucht werden. Zu differenzieren ist,
▪ |
wie das Gericht seine damalige Entscheidung begründet hat, |
▪ |
auf welche Tatsachen es ggf. die Entscheidung über die Befristung gestützt hat und |
▪ |
auf welche Gründe der Unterhaltspflichtige jetzt die Befristung stützen will. |
Rz. 255
Dann ist eine Art "Abänderungsbilanz" zu erstellen, in der die ursprünglich der Entscheidung zugrunde liegenden Tatsachen aufgelistet und jeweils den veränderten Tatsachen gegenübergestellt werden müssen.
Rz. 256
So ist eine spätere Berücksichtigung der Befristung im Abänderungsverfahren bejaht worden:
▪ |
wenn im Zeitpunkt des Abänderungsverfahrens neue Umstände erstmals die Befristung rechtfertigen wie z.B. der Wechsel der Kinderbetreuung, |
▪ |
wenn ausnahmsweise die Situation im Erstverfahren nicht vollständig überblickt werden konnte und sich die Umstände der Begrenzung erst nachträglich konkretisiert haben, |
▪ |
wenn das Gericht seine Erstentscheidung auf eine Prognose zukünftiger Entwicklungen stützt und sich die Prognose (nicht die zugrunde gelegten Tatsachen) als falsch herausgestellt hat, |
▪ |
wenn sich die Kriterien der Angemessenheitsbeurteilung ändern. |
Rz. 257
Aber auch die ursprünglich getroffene Prognose kann vielfachen Änderungen unterworfen sein. Dabei gilt der Grundsatz, dass eingetretene Tatsachen eine frühere (anderweitige) Prognose überlagern. Ein Abänderungsverfahren ist also Erfolg versprechend, wenn sich die damalige Prognose (nicht die zugrunde gelegten Tatsachen) als unrichtig herausgestellt hat.
Rz. 258
Hinweis:
▪ |
Die zulässige Abänderung beschränkt sich auf die veränderten Umstände. Diejenigen Verhältnisse, die bereits im ersten Titel berücksichtigt worden sind und sich nicht geändert haben, bleiben davon unberührt. |
▪ |
Dies gilt selbst dann, wenn sich diese Tatsachen nachträglich als unrichtig herausgestellt haben. Denn das Abänderungsverfahren kann nicht dazu benutzt werden, nachträglich erkannte Fehler der ursprünglichen Entscheidung zu beseitigen. |
▪ |
Im Ursprungsbeschluss falsch festgestellte Tatsachen lassen sich also über das Abänderungsverfahren nicht aus der Welt schaffen! |
Rz. 259
Bei einem im Titel befristeten Anspruch liegt ebenfalls ein Abänderungsverfahren vor, wenn der Unterhaltspflichtige nach Abschluss dieses Verfahrens eine kürzere Frist durchsetzen will.
b) Gerichtlicher Abänderungsantrag des Unterhaltspflichtigen aus anderen Gründen
Rz. 260
In der Praxis weit verbreitet ist der Irrtum, dieses Problem könne "nebenbei" bei der nächsten anderweitigen Änderung des Titels mit behoben werden.
Erhebt der Unterhaltspflichtige aus anderen Gründen – z.B. wegen der Verringerung seines Einkommens oder wegen einer Erhöhung des Eigeneinkommens der Berechtigten – eine (zulässige) Abänderungsklage, so ist damit aber nicht der Weg eröffnet, hier die Frage der Befristung zum Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung zu machen. Denn die Abänderungsklage eröffnet keine von den Bindungen des vorhergehenden Titels freie Neufestsetzung des Unterhaltes, sondern gem. § 323 Abs. 1 ZPO nur eine entsprechende Anpassung!
Rz. 261
Die Abänderung beschränkt sich folglich auf die veränderten Umstände. Soweit die Grundlagen der damaligen Entscheidung unverändert geblieben sind, bleibt die aus der Rechtskraft folgende Bindungswirkung bestehen und hindert den Abänderungsrichter daran, die diesbezüglichen Tat- und Rechtsfragen erneut zu prüfen. Diejenigen Verhältnisse, die bereits im ersten Titel berücksichtigt worden sind oder hätten berücksichtigt werden können und sich nicht geändert haben, bleiben folglich unberührt. Dies gilt selbst dann, wenn sich diese Tatsachen nachträglich als unrichtig herausgestellt haben oder im vorangehenden gerichtlichen Verfahren bereits gegeben waren, dort aber nicht berücksichtigt worden sind.
c) Nachträgliche Befristung bei Erhöhungsverlangen der Berechtigten
Rz. 262
Die Präklusionswirkung gilt nicht für den Abänderungsantragsgegner. Damit könnte man auf den Gedanken kommen, dass sich für den Unterhaltsverpflichteten bei einem Erhöhungsverlangen des Berechtigten die Chance bietet, die bislang vergessene Befristung nachzuholen.
Rz. 263
Dennoch muss bei einem Antrag der Berechtigten auf Erhöhu...