Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 146
Die gerichtliche Entscheidung ergeht durch zu begründenden Beschluss (§ 116 FamFG), der mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen ist und umfasst
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die Entscheidung in der Hauptsache (über den gestellten Zahlungs- oder Abänderungsantrag), |
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die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit des Titels (siehe Rdn 166), |
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die Kostenentscheidung (siehe Rdn 159), |
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die Festsetzung des Verfahrenswertes (siehe Rdn 165). |
Rz. 147
Endentscheidungen in Familienstreitsachen werden gem. § 116 Abs. 3 S. 1 FamFG mit Rechtskraft wirksam und sind erst mit diesem Wirksamwerden vollstreckbar (§ 120 Abs. 2 S. 1 FamFG). Dabei ist zu unterscheiden zwischen der Wirksamkeit von Entscheidungen in isolierten Verfahren und in Folgesachen im Scheidungsverbund. Zur Vollstreckbarkeit siehe Rdn 166.
Rz. 148
Endentscheidungen in isolierten Unterhaltsverfahren werden nach § 116 Abs. 3 FamFG erst mit Rechtskraft wirksam. Der Nachweis der Wirksamkeit der Endentscheidung erfolgt durch ein gerichtliches Rechtskraftzeugnis (§ 706 ZPO i.V.m. § 120 Abs. 1 FamFG), das auf Antrag erteilt wird. Der Antrag ist formlos ohne Anwaltszwang möglich (§ 78 Abs. 3 ZPO).
Rz. 149
Um eine vorläufige Vollstreckbarkeit zu ermöglichen, kann das Gericht in Familienstreitsachen die sofortige Wirksamkeit anordnen. Auch Versäumnisbeschlüsse werden erst mit Rechtskraft wirksam, eine vorzeitige Vollstreckbarkeit bedarf der Anordnung einer sofortigen Wirksamkeit.
Die Anordnung steht grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Familiengerichts und erfolgt von Amts wegen. Erforderlich ist die Abwägung zwischen den Interessen des Gläubigers und denjenigen des Schuldners. Jedoch ist nach § 116 Abs. 3 S. 3 FamFG in Unterhaltssachen grundsätzlich die sofortige Wirksamkeit anzuordnen, denn durch diese Norm sollen die Vollstreckungsmöglichkeiten aus Titeln, welche regelmäßig den Lebensunterhalt des Gläubigers sicherstellen, gestärkt werden.
Rz. 150
Ausnahmen macht das Gesetz, wenn es sich um längere Zeit zurückliegende Unterhaltsrückstände oder übergegangene Unterhaltsansprüche handelt. Ein solcher Anspruchsübergang kann sich insbesondere aus §§ 33 SGB II, 94 SGB XII, 7 UVG ergeben. Je länger also die Unterhaltsansprüche zurückliegen, desto weniger ist das aktuelle (gegenwärtige) Interesse des Gläubigers an der sofortigen zwangsweisen Durchsetzung dieser Rückstände zu berücksichtigen. Daher wird von der Anordnung einer sofortigen Wirksamkeit der Entscheidung auch abgesehen, wenn, dass Gegenstand der Entscheidung nicht die Verpflichtung zur Zahlung laufenden Unterhalts, sondern zur Zahlung rückständigen Unterhalts an den Träger der Sozialhilfe ist (§ 116 Abs. 3 Satz 2 und 3 FamFG).
Rz. 151
Die Vollstreckung kann auf Antrag des Verpflichteten nach Maßgabe des § 120 Abs. 2 S. 2 FamFG eingestellt oder beschränkt werden.
Rz. 152
Nach § 148 FamFG werden Endentscheidungen in verbundenen Folgesachen nicht vor Rechtskraft des Scheidungsausspruchs wirksam. Ein Titel über nachehelichen Unterhalt im Verbund ist also erst wirksam, wenn die Rechtskraft der Scheidung eingetreten ist.
Daraus folgt, dass eine Vollstreckung einer Folgesachenentscheidung vor Rechtskraft des Scheidungsausspruchs nicht zulässig ist.
Rz. 153
In Ehesachen wird das zum Nachweis der Wirksamkeit der Endentscheidung benötigte Rechtskraftzeugnis von Amts wegen erteilt (§ 46 S. 3 FamFG).
Rz. 154
Auch die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit muss so gefasst sein, dass sie nur den Zeitraum nach Rechtskraft der Scheidung erfasst. Ist die Formulierung, in der die sofortige Wirksamkeit angeordnet wurde, nicht in diesem Sinne beschränkt, ist sie dennoch so auszulegen. Die Vollstreckungsklausel (§ 120 Abs. 1 FamFG, § 724 ZPO) darf erst nach Rechtskraft der Scheidung erteilt werden. Für die Schwebezeit können einstweilige Anordnungen erforderlich sein.
Die Vollstreckbarkeit der Entscheidung des Familiengerichts in einer Familienstreitsache im Scheidungsverbund setzt also voraus, dass sie entweder in Rechtskraft erwachsen oder ihre sofortige Wirksamkeit angeordnet ist.
Rz. 155
Dass allein der Beschluss über die Scheidung rechtskräftig geworden ist, führt nicht dazu, dass die Entscheidung über eine Folgesache wirksam wird. § 148 FamFG begründet eine weitere Voraussetzung für das Wirksamwerden des Ausspruchs in einer Folgesache, die aus dem Scheidungsverbund stammt, ersetzt die Regelungen der §§ 116, 120 FamFG aber nicht.
Rz. 156
Auch ein Versäumnisbeschluss ist möglich unter den Voraussetzungen des § 331 ZPO. Hiergegen ist der Einspruch nach Maßgabe der §§ 338 ff. ZPO möglich.
Versäumnisbeschlüsse werden von den Gerichten regelmäßig für sofort wirksam erklärt (zur Einstellung siehe Rdn 188).
Ebenso ist ein Anerkenntnisbeschluss gem. § 307 ZPO möglich (zum kostengünstigen sofortigen Anerkenntnis gem. § 243 Nr. 4 FamFG siehe Rdn 87).
Rz. 157
Praxistipp:
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Da in Unterhaltssachen Anwaltszwang besteht (§ 114 Abs. 1 FamFG), kann ein nicht anwaltlich vertretener Unterhaltspflichtiger kein verfahrensrechtlich wirk... |