Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 279
Solang der Titel nicht abgeändert worden ist, kann weiter vollstreckt werden. Zwar besteht ggf. ein Bereicherungsanspruch auf Rückzahlung, der jedoch wirtschaftlich wertlos sein kann.
In der anwaltlichen Realität besteht aber das Risiko, dass spätere – begründete – Rückzahlungsansprüche letztlich an der faktischen Mittellosigkeit des Rückzahlungspflichtigen scheitern. Um diese Unsicherheiten bei der späteren Rückforderung von Überzahlungen zu vermeiden, ist es ratsam, bei einem Abänderungsverfahren auf Herabsetzung des Unterhaltes möglichst schnell die Einstellung der Zwangsvollstreckung zu erreichen.
Rz. 280
Praxistipp:
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Daher sollte im Abänderungsverfahren bei Herabsetzungsanträgen immer zusätzlich zum Herabsetzungsantrag auch die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung gem. § 242 FamFG i.V.m. § 769 ZPO beantragt werden, damit der Unterhaltsschuldner zunächst nicht weiter in der vollen titulierten Höhe zahlen muss. |
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Zwar löst § 241 FamFG die verschärfte Haftung des Gläubigers aus, so dass ein Rückzahlungsanspruch aus § 812 BGB gegeben ist, wenn das Herabsetzungsverlangen Erfolg hat. |
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Dieser Anspruch nützt dem Schuldner, der weiter zahlt, aber nichts, wenn entsprechende Rückzahlungsansprüche später nicht vollstreckt werden können. |
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Zu beachten ist weiter, dass die Aufhebung des Titels im Wege des Abänderungsverfahrens noch keinen Titel auf Rückzahlung der Überzahlungen schafft. |
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Die Aufhebung bereits erfolgter Vollstreckungsmaßnahmen muss gesondert beantragt werden (§ 776 S. 2 1. Hs. ZPO). |
a) Voraussetzungen für die Einstellung der Zwangsvollstreckung
Rz. 281
Voraussetzung ist nach § 242 FamFG, dass
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ein Abänderungsantrag auf Herabsetzung anhängig ist oder |
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hierfür ein Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe eingereicht wurde. |
Rz. 282
Es reicht die Anhängigkeit des Herabsetzungsantrags aus; die Zustellung (= Rechtshängigkeit) ist also nicht erforderlich. Alternativ genügt die Einreichung eines Verfahrenskostenhilfeantrages für einen beabsichtigten Herabsetzungsantrag. Dies betrifft also die Fälle, in denen erst nach Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe zugestellt werden soll.
Nicht erforderlich ist, dass die Zwangsvollstreckung bereits eingeleitet worden ist oder eine vollstreckbare Ausfertigung beantragt wurde.
Rz. 283
In dem Einstellungsantrag des Schuldners sind die zur Begründung des Abänderungsbegehrens angeführten Tatsachen glaubhaft zu machen (§ 769 Abs. 1 S. 3 ZPO). Dazu gehört die Darlegung der nach §§ 238, 239 FamFG erforderlichen Voraussetzungen für die verlangte Abänderung des Titels, also vor allem Ausführungen zu den Änderungsgründen.
Rz. 284
Umstritten ist, ob der nach § 114 Abs. 1 FamFG bestehende Anwaltszwang auch für den Einstellungsantrag nach § 242 FamFG gilt.
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Nach einer Ansicht gilt der nach § 114 Abs. 1 FamFG bestehende Anwaltszwang auch für den Einstellungsantrag, wenn das Hauptsacheverfahren bereits anhängig ist. |
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Nach der Gegenansicht gilt hier § 114 Abs. 4 Nr. 1 FamFG, nach dem bei einstweiligen Anordnungen kein Anwaltszwang besteht. |
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Ist lediglich ein Verfahrenskostenhilfeantrag gestellt und ein Verfahrenskostenhilfe-Prüfungsverfahren anhängig, ist kein Anwaltszwang gegeben. |
b) Textmuster für den Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung
Rz. 285
Muster 22.1: Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung
Muster 22.1: Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung
Der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts – _________________________ vom _________________________,
Az: _________________________ wird mit Wirkung
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ab dem _________________________ |
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ab Zustellung |
dahingehend geändert, dass der Antragsteller
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nicht mehr verpflichtet ist, Unterhalt zu zahlen |
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nur noch verpflichtet ist, Unterhalt in Höhe von _________________________ EUR zu zahlen |
Für den Fall, dass ein schriftliches Vorverfahren angeordnet wird, und die Antragsgegnerin säumig ist, wird beantragt, einen entsprechenden Säumnisbeschluss zu erlassen.
Ferner wird beantragt,
die Zwangsvollstreckung aus dem vorbezeichneten Unterhaltsbeschluss einstweilen ohne Sicherheitsleistung, hilfsweise durch Sicherheitsleistung, einzustellen.
Außerdem wird die Aufhebung bereits getroffener Vollstreckungsmaßnahmen beantragt.
Rz. 286
Praxistipp:
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In dem Antrag muss eine Begründung gegeben werden. Erforderlich ist die Darlegung der nach §§ 238, 239 FamFG erf... |