Dr. iur. Wolfram Viefhues
aa) Bestehen des Auskunftsanspruches
Rz. 62
Der Auskunftsanspruch ist ein unselbstständiger Hilfsanspruch zum jeweiligen Unterhaltsanspruch. Folglich müssen die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Unterhaltsanspruchs gegeben sein, die von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien unabhängig sind. Der zugrunde liegende Auskunftsanspruch muss daher bestehen und fällig sein (zur Fälligkeit siehe Rdn 67).
Rz. 63
Die gewünschte Auskunft muss für den Unterhaltsanspruch relevant sein. Es genügt aber bereits, dass die Auskunft für die Bemessung der Höhe des Unterhalts von Bedeutung sein kann.
Rz. 64
Auskunft wird dagegen nicht geschuldet, wenn feststeht, dass die Auskunft den Unterhaltsanspruch unter keinem Gesichtspunkt beeinflussen kann.
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Das ist z.B. dann der Fall, wenn feststeht, dass der Bedarf des Unterhaltsberechtigten vollständig durch eigene Einkünfte gedeckt wird. |
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Liegt ein wirksamer Unterhaltsverzicht vor, besteht auch keine Auskunftspflicht. |
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Auch kann keine Auskunft verlangt werden, wenn der Auskunftsberechtigte die erforderlichen Informationen selbst kennt. |
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Ebenso scheidet eine Auskunft aus, wenn der Unterhaltspflichtige seine uneingeschränkte Leistungsfähigkeit eingesteht. Auch bei feststehender Leistungsfähigkeit kann ein Auskunftsanspruch aber dann bestehen, wenn ein Quotenunterhalt festgelegt werden oder sich die Frage der Begrenzung des Unterhaltsanspruchs gem. § 1578b BGB stellen könnte. |
Rz. 65
Dagegen steht der Verwirkungseinwand des § 1611 BGB oder des § 1579 BGB dem Auskunftsanspruch nach § 1605 BGB regelmäßig nicht entgegen. Denn die Rechtsfolgen möglicher Obliegenheitsverstöße des Unterhaltsgläubigers lassen sich regelmäßig erst nach Kenntnis der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Unterhaltsschuldners sicher beurteilen. Entfallen kann der Auskunftsanspruch nur dann, wenn feststeht, dass die Auskunft die Unterhaltspflicht unter keinem Gesichtspunkt beeinflussen kann. Denn die notwendige Beurteilung und Abwägung, ob der Unterhaltsanspruch verwirkt ist, lässt sich ohne Kenntnis der Einkünfte nicht vornehmen.
Eine Auskunftsverpflichtung scheidet nur dann aus, wenn der Unterhaltsanspruch aufgrund der Verwirkungsnorm sicher entfällt. Dies kann jedenfalls dann nicht sicher angenommen werden, wenn möglicherweise auch nur eine Herabsetzung des Unterhaltes in Betracht kommt.
Rz. 66
Praxistipp:
Gegenüber einem Auskunftsanspruch kann kein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werden.
bb) Fälligkeit des Anspruchs
Rz. 67
Der zugrunde liegende Auskunftsanspruch muss fällig sein.
Praktische Bedeutung hat hier die Frist des § 1605 Abs. 2 BGB. Danach kann eine wiederholte Auskunft vor Ablauf von zwei Jahren nur verlangt werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der zur Auskunft Verpflichtete später wesentlich höheres Einkommen oder weiteres Vermögen erworben hat.
Nur bei einer atypischen Einkommensentwicklung steht die Zeitschranke des § 1605 Abs. 2 BGB einem Auskunftsverlangen nicht entgegen. Dies ist der Fall, wenn die frühere Auskunft nur den Zeitraum des Beginns einer selbstständigen Erwerbstätigkeit umfasste oder bei der Behauptung des Wegfalls hoher Schuldverpflichtungen, wenn der Auskunftsberechtigte Auskunft über die tatsächliche oder vermeintliche Tilgung der gemeinsamen Darlehensverbindlichkeiten begehrt.
Daraus folgt, dass ein Auskunftsverlangen vor Ablauf der Frist des § 1605 Abs. 2 BGB nicht ausreicht, die Verzugswirkungen herbeizuführen.
Rz. 68
Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Unterhaltsberechtigte darlegen kann, dass das Auskunftsverlangen zum damaligen Zeitpunkt ausnahmsweise, etwa wegen des Erwerbs wesentlich höherer Einkünfte oder weiteren Vermögens, gerechtfertigt war und deshalb die Zeitsperre des § 1605 Abs. 2 BGB nicht entgegensteht.
Rz. 69
Praxistipp:
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Geht es nicht um den Eintritt des Verzuges, sondern lediglich um die Beschaffung von Informationen, kann die strenge Zeitsperre des § 1605 Abs. 2 BGB unterlaufen werden. Denn die Zeitsperre ist immer personenbezogen. |
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In diesem Fall kann man – zeitlich gestaffelt – immer nur für einen Unterhaltsberechtigten Auskunft verlangen (also z.B. jetzt für das erste Kind, in 6 Monaten für das zweite Kind und in weiteren 6 Monaten für die Ehefrau). Dann wird jeweils nur für diesen Unterhaltsberechtigten die 2-Jahres-Frist ausgelöst. |
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Sinnvol... |