Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 264
Will die Unterhaltsberechtigte
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eine Verlängerung der Frist oder |
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einen gänzlich unbefristeten Titel oder |
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lediglich Unterhalt für einen späteren Zeitabschnitt, der vom ersten Titel nicht umfasst worden ist, |
so ist fraglich, ob darin ein Abänderungsantrag oder ein (neuer) Leistungsantrag zu sehen ist.
Rz. 265
Diese Frage kann nicht entschieden werden, ohne den Ersttitel sorgfältig zu analysieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Ersttitel eine Vereinbarung und keine gerichtliche Entscheidung ist.
Will der Unterhaltsberechtigte dagegen später eine Verlängerung der Frist oder gar einen unbefristeten Titel erreichen, so ist fraglich, ob mit diesem "Verlängerungsantrag" eine Abänderung oder ein (neues) Leistungsverfahren erhoben wird. Dies hängt verfahrensrechtlich davon ab, welche Festlegungen im Erstverfahren getroffen worden sind.
Bei einem gerichtlichen Titel ist in erster Linie darauf abzustellen, welcher Antrag damals gestellt worden ist und welche Entscheidung in Rechtskraft erwachsen ist.
Rz. 266
Praxistipp:
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Die gerichtliche Entscheidung des vorangegangenen Verfahrens sollte immer in Kopie eingereicht werden, selbst wenn durch diese Entscheidung die Unterhaltsforderung vollständig abgewiesen worden war. |
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Im Rahmen der Verfahrensleitung hat das Gericht zu überprüfen, welcher Antrag sachdienlich ist (§ 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO) |
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Damit ist eine Umdeutung eines Leistungs- in einen Abänderungsantrag und umgekehrt ist möglich. Diese Umdeutung ist von Amts wegen vorzunehmen. |
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In Zweifelsfällen empfiehlt es sich zudem, beide Wege als Haupt- und Hilfsantrag zu verfolgen. |
aa) Unbefristeter Zahlungsantrag im Erstverfahren
Rz. 267
Wurde unbefristeter Unterhalt eingeklagt und eine Befristung festgesetzt, liegt darin eine – rechtskräftig gewordene – Teilabweisung mit der gerichtlichen Entscheidung, dass für einen späteren Zeitraum kein Unterhaltsanspruch mehr besteht. Eine solche rechtskräftige Entscheidung kann nur im Wege des Abänderungsverfahrens bei Vorliegen der speziellen Abänderungsvoraussetzungen geändert werden.
Rz. 268
Denn mit dem späteren Leistungsantrag will der Unterhaltsberechtigten den abgewiesenen Teil später erneut durchsetzen. Der BGH hat hier klargestellt, dass auch hier die Abänderungsverfahren die richtige Verfahrensart ist. Denn die Ausgangsentscheidung beruht auch bei nur teilweisem Stattgeben des Antrags auf einer Prognoseentscheidung für die Zukunft und erwächst damit auch für diese Zeit in Rechtskraft. Wenn der Unterhaltsberechtigte jetzt einen höheren bzw. zeitlich weitergehenden als den zuerkannten Unterhalt begehrt, greift er damit die materielle Richtigkeit der Erstentscheidung an.
bb) Befristeter Zahlungsantrag im Erstverfahren
Rz. 269
Ist im Erstverfahren ein befristeter Antrag gestellt worden, ist zu unterscheiden:
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ist eine kürzere Frist als beantragt festgesetzt worden, gelten die zuvor beschriebenen Grundsätze. |
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ist die beantragte Frist festgesetzt worden, so ist über den weitergehenden Zeitraum nicht rechtskräftig entschieden worden (da vom Antrag nicht umfasst). Aus Gründen der Vorsicht empfiehlt sich aber immer, in der Antragsschrift einen ausdrücklichen Vorbehalt aufzunehmen, dass ggf. zu einem späteren Zeitpunkt weitergehender Unterhalt verlangt wird. Verfahrensrechtlich ist dann die geltend gemachte Forderung eines befristeten Unterhaltes eine Teilforderung, deren rechtskräftige Erledigung einem weitergehenden Anspruch (= neuer Leistungsantrag) nicht entgegensteht. |