Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 364
Die einseitige Verpflichtungserklärung stellt ein Schuldanerkenntnis nach § 781 BGB dar, von dem sich der Unterhaltspflichtige nicht einseitig lösen kann. Der Unterhaltspflichtige (Schuldner) ist also an diesen Titel gebunden, da er mit der Errichtung der Urkunde regelmäßig ein Schuldanerkenntnis abgibt. Von dem einseitigen Anerkenntnis kann er sich nur lösen, wenn sich die maßgebenden rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Nachhinein so verändert haben, dass ihm die Zahlung des titulierten Unterhalts ganz oder teilweise nicht mehr zugemutet werden kann.
Rz. 365
mit der Folge, dass er eine Abänderung – also eine Herabsetzung seiner Zahlungspflicht – nur unter den Voraussetzungen des § 239 FamFG verlangen und – wenn die Voraussetzungen der Änderung der Geschäftsgrundlage gegeben sind – gerichtlich auch gegen den Willen des Berechtigten (Gläubiger) durchsetzen kann.
Rz. 366
Praxistipp:
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Eine Bindung des Unterhaltsberechtigten (Gläubigers) an die titulierte Verpflichtung ergibt sich direkt aus diesem Titel nicht, denn der Berechtigte hat die Urkunde nicht unterschrieben. |
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Jedoch kann sich eine Bindung des Berechtigten an den in der Urkunde festgesetzten Unterhaltsbetrag aus der Vorgeschichte der Titulierung ergeben, so dass der Berechtigte gehindert wäre, einen höheren Betrag zu fordern. |
Rz. 367
Dabei sind folgende Fallgestaltungen möglich:
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Die beteiligten Anwälte korrespondieren im Vorfeld. Der Anwalt des Berechtigten fordert einen bestimmten Betrag. Der Anwalt des Verpflichteten bestätigt den Betrag und der Verpflichtete errichtet eine Urkunde in der gleichen Höhe des geforderten Betrages |
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Die beteiligten Anwälte korrespondieren im Vorfeld. Der Anwalt des Berechtigten fordert einen bestimmten Betrag. Der Verpflichtete errichtet eine Urkunde in der gleichen Höhe des geforderten Betrages und stellt diese dem Berechtigten zur Verfügung, ohne den Betrag ausdrücklich zu bestätigen. |
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Die beteiligten Anwälte korrespondieren im Vorfeld. Der Anwalt des Berechtigten fordert einen bestimmten Betrag. Der Verpflichtete errichtet eine Urkunde in geringerer Höhe des geforderten Betrages, stellt diese dem Berechtigten zur Verfügung. Der Berechtigte vollstreckt mit diesem Titel. |
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Die beteiligten Anwälte korrespondieren im Vorfeld. Der Anwalt des Berechtigten fordert einen bestimmten Betrag. Der Verpflichtete errichtet eine Urkunde in geringerer Höhe des geforderten Betrages, stellt diese dem Berechtigten zur Verfügung und zahlt den titulierten Unterhalt. Der Berechtigte unternimmt nichts. |
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Die beteiligten Anwälte korrespondieren im Vorfeld. Der Anwalt des Berechtigten fordert einen bestimmten Betrag. Der Verpflichtete errichtet eine Urkunde in geringerer Höhe des geforderten Betrages, stellt diese dem Berechtigten zur Verfügung und zahlt den titulierten Unterhalt. Der Berechtigte verlangt Zahlung des höheren Betrages. |
Rz. 368
Praxistipp:
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Eine einvernehmliche Festlegung liegt jedenfalls dann vor, wenn der Schuldner einseitig dem Gläubiger eine Urkunde mit einem bestimmten Betrag zukommen lässt und dieser durch sein daran anschließendes Verhalten zum Ausdruck bringt, dass er den Unterhalt als vertraglich vereinbart akzeptiert. |
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Aus der bloßen Entgegennahme eines bestimmten Unterhaltsbetrags durch den Gläubiger kann hingegen regelmäßig keine stillschweigende Übereinkunft über die Höhe abgeleitet werden. |
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Daher bleibt für eine Vermutung, dass im Zweifel eine Vereinbarung vorliegt, wenn der Gläubiger die Urkunde widerspruchslos annimmt, kein Raum. Vielmehr muss derjenige, der sich auf eine Vereinbarung beruft, dies im Zweifel darlegen und beweisen. |
Rz. 369
Beruht die Erstellung einer vollstreckbaren einseitigen Verpflichtungserklärung wie z.B. einer Jugendamtsurkunde folglich auf zuvor erfolgten einer Unterhaltsvereinbarung der Beteiligten, sind beide Seiten an den Inhalt der Vereinbarung materiell-rechtlich gebunden. Dann kommt eine Abänderung der Urkunde für beide Beteiligte grundsätzlich nur in Betracht, wenn dies wegen nachträglicher Veränderungen nach den Grundsätzen über den Wegfall oder die Änderung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) Störung der Geschäftsgrundlage geboten ist.
Rz. 370
Eine solche Bindungswirkung kann auch dann angenommen werden, wenn aus der Entgegennahme und Verwendung der Urkunde durch den Berechtigten ein zumindest konkludentes Einvernehmen darüber hergestellt worden ist, die darin titulierte Unterhaltsforderung als Gesamtbetrag des gesetzlich geschuldeten Unterhalts und damit als ausreichend zu akzeptieren.
Rz. 371
Fehlt es hingegen an einer entsprechenden Akzeptanz der Berechtigten, kommt eine materiell-rechtliche Bindung des Berechtigten an eine Geschäftsgrundlage nicht in Betracht.
Rz. 372
BGH v. 7.12.2016 – XII ZB 422/15
Zitat
a) Die Beteiligten eines Unterhaltsverhältnisses sind nicht daran gehindert, im gegenseitigen Einvernehmen einen bestehenden gerichtlichen oder urkundlichen Unterhaltstitel außergerichtlich durch einen neuen Vollst...