§ 22 Familienstrategie und Unternehmensnachfolge / 4. Regeln und Plattformen

Rz. 83

Regeln und Plattformen unterstützen die Unternehmerfamilie dauerhaft bei der Umsetzung ihrer Ziele. Regeln geben z.B. gute Praxis der Kommunikation weiter. Sie veranschaulichen, worauf es in der Kooperation ankommt,^[33] und formulieren Mechanismen für die Konfliktlösung. Entlastend wirken Entscheidungsregeln, insbesondere enthalten sie Qualifikationsanforderungen oder Vergütungsmaßstäbe. Das koordiniert die Erwartungen und verringert künftigen Abstimmungsbedarf. Sie bilden ferner Prozesse ab, um Missverständnisse zu vermeiden. Üblich sind zudem Regeln für den Umgang mit einander.

Rz. 84

Die Regeln werden gemeinsam festgelegt. Entsprechend spiegeln sie die Gewichtung der verschiedenen Interessen wider, auf die die Familie sich verständigt hat. So halten beispielsweise Auswahlkriterien für künftige Geschäftsführer fest, dass (oder inwieweit) Anforderungen des Unternehmens die Entscheidung über die Anstellung bestimmen. Das beugt Konflikten vor. Nicht zuletzt versachlichen Regeln die Entscheidungen und erhöhen Transparenz.

Rz. 85

Durch Plattformen schafft die Unternehmerfamilie einen Rahmen für Begegnung und Kommunikation. Das wirkt Entfremdung entgegen – sowohl zwischen den Familienmitgliedern als auch in Bezug auf das Unternehmen. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Familientag zu. Er ist bereits für kleinere Familien, sicher aber für große Familien das geeignete Instrument, um familiäre Kultur zu pflegen, aber auch um die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Themen der Unternehmerfamilie zu ermöglichen. Er schafft zudem einen Rahmen, in dem die Familie im Plenum Entscheidungen über gemeinsame Angelegenheiten diskutiert und trifft.

Gerade im Zuge des Generationswechsels entlastet der Familientag den Nachfolger von einer möglichen Rollenüberfrachtung. An die Stelle eines Familienoberhauptes, das die Familie koordiniert, tritt eine Institution – eine Organisation mit eigener Struktur und wechselnden Verantwortlichen.

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Für eine gemeinsame persönliche und auch unternehmens- oder vermögensbezogene Weiterentwicklung haben sich Qualifikationsplattformen bewährt, z.B. ein Familienseminar.

Mithilfe eines Familienarchivs werden Erinnerungen (mit und ohne Bezug zum Unternehmen) für spätere Generationen systematisiert und verfügbar gehalten. Eine ähnliche Funktion übernimmt das Familien-Intranet. Zusätzlich ermöglicht es, dass Familienmitglieder ihre Biografien veröffentlichen und fortschreiben. Darüber hinaus wird es an der Schnittstelle zum Unternehmen auch als Kommunikations- und Koordinationsinstrument eingesetzt.

Plattformen der Unternehmerfamilie[34]
Familientag	Regelmäßige Treffen der Familie. Er dient dem Zusammensein und Austausch der Familienmitglieder, ihrer Qualifizierung und der Förderung des Interesses am Unternehmen. Hier kommt die Familie im Plenum zusammen.
Familienseminar	Zielgruppenspezifische Qualifizierung: Zusätzlich zum Familientag treffen sich Gruppen von Familienmitgliedern zur Weiterbildung in Gesellschafter-, Vermögens- oder auch Persönlichkeitsfragen
Familienarchiv/Familien-Intranet	Sammlung und Austausch aktueller und historischer Informationen zur Familie (und ggf. Unternehmen sowie weiteren gemeinsamen Engagements)

[33] Vgl. z.B. Axelrod, 1984, S. 110.

[34] Vgl. Fritsch, in: Beckervordersandfort, Gestaltungen zum Erhalt des Familienvermögens, § 14 Rn 54.