Dipl.-Betriebsw. Thomas Markert
Rz. 56
In der FBUV handelt es sich um einen gedehnten Versicherungsfall. Dabei darf nicht der zeitraumbezogene Versicherungsfall mit dem gedehnten Versicherungsfall gleichgesetzt werden. Wesensmerkmal eines gedehnten Versicherungsfalls ist nicht sein schrittweises Eintreten, sondern die Fortdauer des mit dem Eintritt geschaffenen Zustands über einen – mehr oder weniger langen – Zeitraum. Somit ist für die Höhe eines Betriebsunterbrechungsschadens neben dem Umfang (Teil- oder Totalunterbrechung) die Dauer das entscheidende Kriterium. Gemäß § 1 Abs. 3 FBUB 2010 A beginnt der Zeitraum des versicherten Ertragsausfalls mit dem Eintritt des Sachschadens und endet nicht schon zu dem Zeitpunkt, an dem die Produktionsleistung wieder vollständig hergestellt, sondern nach durchgängiger Meinung in der Literatur zur Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherung erst zu dem Zeitpunkt, an dem die Wiederherstellung der technischen und kaufmännischen Betriebsbereitschaft erreicht worden ist. Ertragsverluste infolge der Betriebsunterbrechung, die sich erst zeigen, wenn die technische Betriebsbereitschaft wieder hergestellt ist, sind somit ebenfalls ersatzpflichtig.
Rz. 57
Gleichwohl sehen die FBUB 2010 A eine zeitliche Begrenzung des Versicherungsschutzes vor, mit der sog. Haftzeit. Der Versicherer haftet nach § 1 Nr. 3 FBUB 2010 A nur für den Ertragsausfallschaden, der innerhalb von 12 Monaten seit Eintritt des Sachschadens entsteht. Die Haftzeit beginnt mit Eintritt des Sachschadens und nicht erst, wenn der Betrieb unterbrochen ist. Sie ist unabhängig von der Vertragsdauer. Es können längere Haftzeiten vereinbart werden, so dass in der Praxis der Industrieversicherung häufig Haftzeiten von 24 Monaten anzutreffen sind.
Rz. 58
Beispiel
Ablauf des Versicherungsvertrages ist der 1.1.2013. Das Vorrätelager des Versicherungsnehmers brennt am 31.12.2012 kurz vor Mitternacht ab. Die in der Produktionshalle befindlichen Vorräte ermöglichen, dass noch drei weitere Tage eine ungestörte Produktion stattfinden kann. Erst danach ist der Betrieb für vier Wochen unterbrochen, da sich die Lieferung der Vorräte erheblich verzögert. Im konkreten Fall besteht Versicherungsschutz für die vollständige Unterbrechungszeit, da sich der Sachschaden innerhalb der Vertragslaufzeit realisiert hat.
Abschließend gilt es zu berücksichtigen, dass es für die Einhaltung der Haftzeit unerheblich ist, welche Ursachen zu einer verzögerten Wiederherstellung der Betriebstätigkeit führen; es ist dann vielmehr eine Frage, ob sie sodann dem Betriebsunterbrechungsschaden zugerechnet werden können (siehe Rdn 64 ff.).
Rz. 59
Neben der Haftzeit ist ein weiterer zeitlicher Faktor und Element des Ertragsausfallschadens zu realisieren, der Bewertungszeitraum. Der Bewertungszeitraum dient hier als zeitliche Abgrenzung, indem ein Zeitraum für die Ermittlung des Versicherungswertes festgelegt wird. Gemäß § 5 Nr. 2 FBUB 2010 A umfasst der Bewertungszeitraum 12 Monate, auch bei unterjährigen Haftzeiten, und endet entweder mit dem Zeitpunkt, zu dem kein Ertragsausfallschaden mehr besteht oder spätestens mit dem Ende der Haftzeit. Den Versicherungswert ermittelt man dann für den vor diesem Zeitpunkt liegenden 12-monatigen Bewertungszeitraum und stellt ihn der Versicherungssumme gegenüber. Sofern überjährige Haftzeiten bis zu 24 Monaten festgelegt werden, beträgt der Bewertungszeitraum stets 24 Monate (§ 5 Nr. 2 S. 2 FBUB 2010 A).