Dr. Katharina Hemmen, Dr. Julian Schick
Rz. 47
Die Stiftung muss zur Sicherstellung ihrer Handlungsfähigkeit einen Vorstand haben, vgl. § 84 Abs. 1 und 2 BGB (bis 30.6.2023: § 86 S. 1 BGB a.F. i.V.m. § 26 Abs. 1 S. 1 BGB a.F.). Der Stiftungsvorstand ist als Leitungsorgan nach der gesetzlichen Konzeption zugleich zur Geschäftsführung und zur Vertretung berufen. Er beschließt somit über die Verwendung der Stiftungsmittel und vertritt die Stiftung im Rechtsverkehr. Der Umfang der Vertretungsmacht ist grundsätzlich unbeschränkt, kann aber durch die Satzung mit Wirkung gegen Dritte beschränkt werden, vgl. § 84 Abs. 3 BGB (bis 30.6.2023: § 86 S. 1 i.V.m. § 26 Abs. 2 S. 2 BGB a.F.). Die einschränkende Satzungsbestimmung wirkt jedoch gegenüber Dritten nur, wenn sie auch den Umfang der Beschränkung "klar und eindeutig" regelt. Einer generellen Einschränkung durch den Stiftungszweck unterliegt die Vertretungsmacht des Stiftungsvorstands nach der Rechtsprechung des BGH nicht.
Rz. 48
Der Stifter ist frei, weitere Organe oder Gremien vorzusehen. Entscheidungs-, Beratungs- und Kontrollfunktionen können nahezu beliebig ausgestaltet werden. Zahl und Größe der Organe sollten aber der Stiftungsgröße und der Komplexität der Aufgaben angemessen sein. Eine kleine Förderstiftung rechtfertigt kaum den Aufwand einer umfangreichen Gremienstruktur, während dies bei einer großen Stiftung mit weit reichender operativer Arbeit kaum zu umgehen sein dürfte.
Rz. 49
Muster 22.4: Stiftungssatzung – Bestimmungen zu den Organen (I)
Muster 22.4: Stiftungssatzung – Bestimmungen zu den Organen (I)
§ 6 Organe der Stiftung
(1) Organe der Stiftung sind der Vorstand und das Kuratorium.
Rz. 50
Soweit die Satzung weitere Organe vorsieht, ist zu beachten, dass keine korporativen Elemente eingeführt werden können. Das bedeutet insbesondere, dass sich die Organmitglieder nicht (einstimmig) wie Gesellschafter über das eigene Statut und damit die Rechtsgrundlage ihres Handelns hinwegsetzen bzw. neu ausrichten können. Solche Elemente sind dem Stiftungsrecht aufgrund des Primats des Stifterwillens fremd. Sieht die Satzung fakultative Stiftungsorgane vor, müssen die sie betreffenden Satzungsbestimmungen in sich und insbesondere in Beziehung zu den Regelungen über den Vorstand widerspruchsfrei und vollziehbar sein.
Rz. 51
Die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Organe sind genau zu beschreiben und gegeneinander abzugrenzen. Regelmäßig dürfte es sich anbieten, dem Vorstand alle Exekutivfunktionen zu übertragen, während das Kuratorium (bzw. der Beirat) Beratungs- und Kontrollfunktionen übernimmt. Damit das Kuratorium diese Funktion in angemessener Weise erfüllen kann, müssen Berichtspflichten des Vorstands bzw. Informationsrechte des Kuratoriums in die Satzung aufgenommen werden. Dem Kuratorium können darüber hinaus Mitwirkungsrechte bei strategisch wichtigen Entscheidungen oder solche von grundsätzlicher Bedeutung übertragen werden.
Rz. 52
Werden dem Kuratorium umfangreiche Mitwirkungsrechte eingeräumt, so muss einerseits darauf geachtet werden, dass die Handlungsspielräume des Vorstands nicht über Gebühr eingeschränkt werden. Andererseits müssen die Kuratoren in die Lage versetzt werden, ihre Entscheidung auf einer angemessenen Informationsgrundlage zu treffen. Dazu ist neben dem entsprechenden zeitlichen und inhaltlichen Engagement der Kuratoren auch eine angemessene Vorbereitung der Entscheidungen durch Vorlagen, Informationsmaterial usw. erforderlich. Ist dieser Aufwand nicht beabsichtigt (oder ein entsprechendes Engagement der Kuratoren nicht realistisch zu erwarten), gerät die Mitwirkung zur bloßen Förmlichkeit, auf die besser verzichtet werden sollte.
Rz. 53
Nicht alle Organmitglieder müssen gleiche Rechte und Pflichten haben. So kann der Stifter sich und/oder seiner Familie besondere Rechte in der Satzung vorbehalten, etwa ein Vetorecht, ein stärker gewichtetes Stimmrecht, die ausschlaggebende Stimme in Pattsituationen oder das Recht, bestimmte Beschlüsse ohne Mitwirkung der anderen Organmitglieder zu fällen. Hier ist jedoch Vorsicht geboten: Auch der Stifter handelt nur als Mitglied eines Organs der Stiftung. Seine Wertungsspielräume bei der Erfüllung seiner organschaftlichen Pflichten sind insbesondere durch den Stiftungszweck begrenzt. Im Streitfall muss die Stiftungsaufsicht den ursprünglichen Stifterwillen auch gegen abweichende spätere Entscheidungen des Stifters als Stiftungsorgan verteidigen und hat entsprechende Maßnahmen im Rahmen ihrer Rechtsaufsicht zu ergreifen.
Rz. 54
Muster 22.5: Stiftungssatzung – Bestimmungen zu den Organen (II)
Muster 22.5: Stiftungssatzung – Bestimmungen zu den Organen (II)
§ 7 Aufgaben des Vorstandes
(1) Der Vorstand entscheidet in allen grundsätzlichen Angelegenheiten nach Maßgabe der Satzung in eigener Verantwortung und führt die laufenden Geschäfte der Stiftung. Er hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters und vertritt die Stiftung gerichtlich und außergerichtlich. Die Mitglieder des Stiftungsvorstandes sind einzelve...