Dr. Katharina Hemmen, Dr. Julian Schick
a) Allgemeine Voraussetzungen
aa) Struktureller Inlandsbezug
Rz. 115
Eine Auslandsverwirklichung, wie sie regelmäßig im Rahmen der Entwicklungshilfe stattfindet, ist grundsätzlich weder für die Steuerbefreiung noch für den Spendenabzug schädlich. Bei der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke im Ausland setzt die Gewährung von Steuervergünstigungen jedoch einen sog. strukturellen Inlandsbezug voraus. Dieser kann entweder darin bestehen, dass natürliche Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt (§§ 8, 9 AO) im Inland gefördert werden oder dass die Tätigkeit der geförderten Körperschaft – neben der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke – auch zum Ansehen der Bundesrepublik im Ausland beiträgt, vgl. § 51 Abs. 2 AO.
Rz. 116
Die Anforderungen an den strukturellen Inlandsbezug sind für inländische Körperschaften so gering, dass die Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke im Ausland für inländische Körperschaften praktisch nicht erschwert wird. Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 AO müssen nur insoweit vorliegen, als dies nach den Vorschriften der §§ 51 bis 68 AO ohnehin erforderlich ist. Bei im Inland ansässigen Körperschaften soll eine Indizwirkung für die Steigerung des Ansehens der Bundesrepublik im Ausland dadurch bestehen, dass sie sich personell, finanziell, planend, schöpferisch oder anderweitig an der Förderung gemeinnütziger und mildtätiger Zwecke im Ausland beteiligen. Angesprochen sind hier insbesondere Tätigkeiten im Rahmen von Entwicklungshilfeprojekten. Spürbarer oder messbarer Auswirkungen auf das Ansehen der Bundesrepublik im Ausland bedarf es nicht. Im Ergebnis hat die Vorschrift des § 51 Abs. 2 AO damit für im Inland ansässige Körperschaften keine praktische Relevanz, auch wenn sie sich vorwiegend oder ausschließlich im Ausland (etwa im Bereich der Entwicklungshilfe) betätigen. Dasselbe gilt für Körperschaften, deren Zweck sich darin erschöpft, deutsche Spenden ins Ausland zu transferieren.
bb) Extremismusklausel
Rz. 117
Extremistische Körperschaften, die nach ihrer Satzung oder bei ihrer tatsächlichen Geschäftsführung Bestrebungen i.S.d. § 4 BVerfSchG fördern oder dem Gedanken der Völkerverständigung zuwiderhandeln, sind kraft Gesetzes von Steuervergünstigungen ausgeschlossen, vgl. § 51 Abs. 3 AO. Zu den extremistischen Körperschaften gehören solche, deren Zweck oder Tätigkeit namentlich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen geeignet ist. § 51 Abs. 3 AO enthält lediglich eine Klarstellung zu § 51 Abs. 1 AO. Für Körperschaften, die in einem Verfassungsschutzbericht aufgeführt sind, ist davon auszugehen, dass sie extremistisch in diesem Sinne sind, vgl. § 51 Abs. 3 S. 2 AO. Es handelt sich dabei um eine widerlegbare Vermutung.
b) Zweckbezogene Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit
Rz. 118
Der Begriff der steuerbegünstigten Zwecke entspricht den gemeinnützigen Zwecken im weiteren Sinne. Diese sind einzuteilen in die gemeinnützigen Zwecke im engeren Sinne (§ 52 AO), in mildtätige Zwecke (§ 53 AO) und in kirchliche Zwecke (§ 54 AO).
aa) Gemeinnützige Zwecke (§ 52 AO)
Rz. 119
Gemeinnützigkeit im engeren Sinne setzt voraus, dass eine Körperschaft ihre Tätigkeit darauf gerichtet hat, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern, vgl. § 52 Abs. 1 S. 1 AO.
Rz. 120
Eine Tätigkeit fördert die Allgemeinheit, wenn sie im Interesse der Allgemeinheit liegt. Was genau ein Allgemeininteresse ausmacht, ist jedoch angesichts der individualistischen Prägung unserer Gesellschaft schwer zu ermitteln. Der geförderte Kreis muss einen Ausschnitt aus der Allgemeinheit darstellen. Nicht erforderlich ist, dass stets die ganze Allgemeinheit gefördert wird. Es genügt vielmehr die Förder...