Dr. Katharina Hemmen, Dr. Julian Schick
a) Besteuerung bei Errichtung
Rz. 312
Die Vermögensausstattung einer ausländischen Familienstiftung kann zu einer Ertragsbesteuerung des Stifters in Deutschland führen. Der deutsche Gesetzgeber fingiert nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 AStG eine steuerpflichtige Veräußerung, wenn der Steuerpflichtige innerhalb der letzten zwölf Jahre vor der Vermögensübertragung insgesamt mindestens sieben Jahre unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war und Anteile i.S.d. § 17 EStG auf die ausländische Familienstiftung überträgt.
b) Laufende Besteuerung
Rz. 313
Ist der Stifter unbeschränkt steuerpflichtig, werden ihm für seine Einkommensteuer die Einkünfte, die der ausländischen Familienstiftung während des entsprechenden Veranlagungszeitraums zugeflossen sind, unmittelbar zugerechnet. Von der Durchgriffsregelung betroffen sind ausländische Stiftungen, bei denen der Stifter, seine Angehörigen oder deren Abkömmlinge zu mehr als der Hälfte begünstigt sind, vgl. § 15 Abs. 2 AStG. Entsprechendes gilt auch für ausländische Unternehmensstiftungen, bei denen eine Begünstigung zu mehr als der Hälfte für den Stifter, seine Gesellschafter, von ihm abhängige Gesellschafter, Mitglieder, Vorstandsmitglieder, leitende Angestellte und Angehörige dieser Personen besteht, vgl. § 15 Abs. 3 AStG.
Rz. 314
Der Begriff des Stifters wird in § 15 AStG nicht definiert. Einigkeit herrscht jedoch darüber, dass sich die Person des Stifters nach den tatsächlichen, wirtschaftlichen Verhältnissen zu beurteilen hat. Es kann nicht entscheidend sein, wer die Stiftungsurkunde unterzeichnet hat, da dies Umgehungsmöglichkeiten eröffnen und dem Sinn und Zweck des § 15 AStG, Steuerflucht und Steuervermeidung entgegenzuwirken, widerspräche. Nach Auffassung des BFH ist der Stifter die Person, für deren Rechnung das Stiftungsgeschäft abgeschlossen wurde oder die in der Art des Stifters Vermögen auf die Stiftung überträgt bzw. der das Stiftungsgeschäft bei wirtschaftlicher Betrachtung zuzurechnen ist. Konsequenz dieser Rechtsauffassung ist, dass die Durchgriffsbesteuerung beim inländischen Steuerpflichtigen nicht durch Zwischenschaltung von Gesellschaften oder Familienstiftungen umgangen werden kann.
Rz. 315
Bei Familienstiftungen mit Sitz oder Geschäftsleitung im EU- oder im EWR-Gebiet erfolgt nach der Neufassung gem. § 15 Abs. 6 AStG unter zwei Voraussetzungen keine Zurechnung des Einkommens:
(1) Es ist nachzuweisen, dass das Stiftungsvermögen der Verfügungsmacht des Stifters und seiner Angehörigen und Abkömmlinge bzw. im Fall von Unternehmensstiftungen des Stifters, der Gesellschafter oder anderer in § 15 Abs. 3 AStG genannter Personen rechtlich und tatsächlich entzogen ist.
(2) Es muss zwischen der Bundesrepublik und dem Staat, in dem die Familienstiftung Sitz oder Geschäftsleitung hat, ein Amtshilfeabkommen auf dem Gebiet der Steuern bestehen.
Rz. 316
Wann das Vermögen der Verfügungsmacht der genannten Personen "rechtlich und tatsächlich entzogen" ist, kann nur im Einzelfall bestimmt werden. Diese Grundsätze sind nicht erst seit Inkrafttreten des § 15 Abs. 6 AStG zum 1.1.2009 anzuwenden, sondern für alle nicht bestandskräftig abgeschlossenen Verfahren.
c) Besteuerung bei Aufhebung
Rz. 317
Der Rückfall des Stiftungsvermögens im Rahmen der Aufhebung einer ausländischen Familienstiftung an den in Deutschland ansässigen Stifter unterliegt nach der Rechtsprechung der Besteuerung nach Steuerklasse III.