Dr. Katharina Hemmen, Dr. Julian Schick
a) Überblick
Rz. 167
Liegt bei einer steuerbegünstigten Körperschaft die subjektive Steuerfreiheit aufgrund der Gemeinnützigkeit im engeren Sinne vor, weil ihre Tätigkeit nach Satzung und tatsächlicher Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern, so muss die Körperschaft insgesamt jedoch auch die Voraussetzungen der Steuerfreiheit auf Seiten der Einkommenserzielung erfüllen (sog. objektive Steuerbefreiung). Im Rahmen der Einkommenserzielung sind die Tätigkeiten in vier Bereiche zu gliedern, und zwar in
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den steuerbegünstigten gemeinnützigen oder ideellen Bereich, |
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den steuerbefreiten Bereich der Vermögensverwaltung, |
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den Bereich des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes als Ausnahme von der Steuerfreiheit und |
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den Bereich der steuerbefreiten Zweckbetriebe, wobei hier die Steuerfreiheit als Ausnahme von der Ausnahme wieder erreicht wird. |
Rz. 168
Der Gesetzgeber unterwirft wirtschaftliche Aktivitäten steuerbefreiter Einrichtungen in einem nach der Zielsetzung der Befreiungsvorschrift nicht zu schützenden Bereich (kein Zweckbetrieb) der Steuer und wirkt damit einer durch steuerliche Belastungsunterschiede herbeigeführten Wettbewerbsverzerrung entgegen. Hierdurch trägt er dem Grundsatz der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts Rechnung. Die Körperschaft genießt nur hinsichtlich ihres Einkommens außerhalb des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs Steuerfreiheit. Insoweit kommt es auf die Abgrenzung zwischen Vermögensverwaltung, wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb und Zweckbetrieb an. Eine partielle Steuerpflicht auf Seiten der Einkommenserzielung lässt indes die steuerliche Stellung der gemeinnützigen Körperschaft grundsätzlich unberührt. Demgegenüber müssen die oben ausführlich beschriebenen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit (selbstlose, unmittelbare und ausschließlich gemeinnützige Zweckverwirklichung) uneingeschränkt vorliegen. Liegen sie nur teilweise nicht vor, entfällt die Steuerbegünstigung insgesamt.
Rz. 169
Zwischen den beiden Bereichen der Mittelverwendung und der Einkommenserzielung muss daher grundsätzlich sehr genau differenziert werden. So kann z.B. eine Körperschaft, deren nahezu gesamtes Vermögen ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist, dennoch gemeinnützig und deshalb subjektiv steuerbefreit sein. Die durch den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erzielten Einkünfte sind regulär zu versteuern, da insoweit keine Steuerfreiheit vorliegt (Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer). Dennoch ist die Körperschaft berechtigt, ihren Spendern entsprechende Zuwendungsbestätigungen auszustellen, oder genießt bei Schenkungen die entsprechende Schenkungsteuerfreiheit. Zum Erhalt der Steuerfreiheit muss die Körperschaft jedoch alle ihre Mittel, außer Kapital und Vermögenssubstanz, für gemeinnützige Zwecke verwenden. Außerdem darf die Körperschaft anderweitig erhaltene Mittel, wie z.B. Spenden, nicht in den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb investieren oder Verluste ausgleichen.
b) Ideeller Bereich
Rz. 170
Einnahmen aus dem ideellen Bereich unterliegen nicht der Besteuerung, da diese gerade nicht durch eine Tätigkeit der steuerbegünstigten Körperschaft erzielt werden. Im ideellen Bereich fehlen jede Einnahmeerzielungsabsicht sowie die Erlangung wirtschaftlicher Vorteile aus dem Austausch von Leistungen. Einnahmen, die dem ideellen Bereich zuzuordnen sind, sind insbesondere Spenden, echte Mitgliedsbeiträge bei Vereinen, das Stiftungskapital und Zustiftungen, Schenkungen, Erbschaften und Vermächtnisse sowie öffentliche Fördermittel, die nicht für eine Gegenleistung der steuerbegünstigten Körperschaft gegeben werden.
c) Steuerfreie Vermögensverwaltung (§ 14 S. 3 AO)
Rz. 171
Steuerfrei sind sämtliche Einnahmen aus dem Bereich der Vermögensverwaltung. Vermögensverwaltung i.S.d. Abgabenordnung liegt i.d.R. vor, wenn Vermögen genutzt wird, z.B. durch verzinsliche Anlage von Kapitalvermögen oder Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen, vgl. § 14 S. 3 AO. Relevant wird eine Definition insbesondere hinsichtlich der Abgrenzung zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Ein solcher liegt nämlich vor, soweit durch selbstständige nachhaltige Tätigkeit Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die Tätigkeit über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht.
Rz. 172
Vermögensverwaltung ist das Ziehen von Nutzungen des Vermögens, ...