Dr. Katharina Hemmen, Dr. Julian Schick
a) Zuständigkeit und Funktion der Stiftungsaufsicht
Rz. 92
Die rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts unterliegen einer laufenden Aufsicht durch die Stiftungsbehörden. Die Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Landesrecht. Die Anerkennungsbehörde ist in den meisten Bundesländern auch Aufsichtsbehörde. Im Zuge der jüngsten zum 1.7.2023 in Kraft getretenen Reform des Stiftungsrechts werden auch die Landesstiftungsgesetze anzupassen sein. Es bleibt abzuwarten, welche Folgen dies auf die derzeitige Ausgestaltung der Rechtsaufsicht der Stiftungsbehörden haben wird. Bei der Beratung und der Verantwortung von Stiftungstätigkeit sind die ggf. geänderten Maßstäbe unbedingt zu beachten.
Rz. 93
Der Schwerpunkt der Stiftungsaufsicht ist der Schutz der Stiftung vor sich selbst und ihren Organen. Darüber muss sie als verlängerter Arm des Stifters auftreten und muss dessen historischen Willen wahren. Die Stiftungsaufsicht ist allerdings auf eine reine Rechtsaufsicht beschränkt. Alleiniger Maßstab der Stiftungsaufsicht ist, dass sich die Stiftung im Rahmen von Satzung und Gesetz bewegt. Darüber hinaus steht der Stiftungsaufsicht kein Beanstandungsrecht zu. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben stehen der Stiftungsaufsicht die sog. präventiven und repressiven Aufsichtsmaßnahmen zur Verfügung.
Rz. 94
Die zentrale Funktion der Stiftungsaufsicht ist die Kontrolle des Stiftungsvorstandes sowohl im öffentlichen Interesse als auch im Interesse der Stiftung selbst. Notwendig ist eine derartige Aufsicht aufgrund der eigenartigen Rechtsgestalt der Stiftung, dem Defizit an Eigentümer- oder Mitgliederkontrolle. Es besteht ein öffentliches, von der Stiftungsaufsicht zu wahrendes Interesse daran, dass der Stiftungsvorstand seine Handlungsfreiheit nicht entgegen dem in der Satzung niedergelegten Willen des Stifters ausnutzt. Dies ist jedoch nicht eine Wohltat, die der Staat dem Stifter als Gegenleistung für seinen Dienst am Gemeinwohl gewährt. Der Gesetzgeber darf selbstständige Teilnehmer am Rechtsverkehr nur zulassen, wenn hinreichend gewährleistet ist, dass ihr haftendes Vermögen ordnungsgemäß verwaltet wird und der Regress gegen pflichtvergessene Organwalter funktioniert.
b) Grenzen der Stiftungsaufsicht
Rz. 95
Die Stiftungsaufsicht ist auf eine reine Rechtmäßigkeitskontrolle der Handlungen der Stiftungsorgane beschränkt. Sie darf unter keinen Umständen ihr Ermessen an die Stelle des Ermessens der Stiftungsorgane setzen. Darüber hinaus wird der Umfang der Stiftungsaufsicht durch den Grundsatz der Subsidiarität und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt.
Rz. 96
Gegenstand der Rechtsaufsicht durch die Stiftungsaufsichtsbehörde sind Maßnahmen der Stiftungsorgane, die nicht mit der Stiftungssatzung, insbesondere dem Stiftungszweck, oder anderen stiftungsrechtlichen Vorschriften des Landes- oder Bundesrechts vereinbar sind. Die Stiftungsaufsicht ist aber keine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle des Handelns der Stiftungsorgane. Sie ist auf die Kontrolle der stiftungsrechtlichen Vorschriften beschränkt.
Rz. 97
Probleme ergeben sich in diesem Bereich vor allem in den Fällen, in denen die Rechtmäßigkeit wirtschaftlicher Maßnahmen überprüft wird, da die Satzung oft unbestimmte Rechtsbegriffe wie Sparsamkeit oder Wirtschaftlichkeit enthält. Die Behörde darf aber nicht ihre eigene Einschätzung an die Stelle der Beurteilung durch den Stiftungsvorstand setzen. Erst wenn das Handeln des Vorstandes mit einer vernünftigen wirtschaftlichen Betrachtungsweise unvereinbar wäre, könnte die Stiftungsaufsicht bspw. die Genehmigung von Verträgen ablehnen.
c) Stiftungsaufsicht im Einzelnen
Rz. 98
Die Stiftungsaufsicht setzt im Anschluss...