Rz. 92

Die rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts unterliegen einer laufenden Aufsicht durch die Stiftungsbehörden.[132] Die Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Landesrecht. Die Anerkennungsbehörde ist in den meisten Bundesländern auch Aufsichtsbehörde.[133] Im Zuge der jüngsten zum 1.7.2023 in Kraft getretenen Reform des Stiftungsrechts werden auch die Landesstiftungsgesetze anzupassen sein. Es bleibt abzuwarten, welche Folgen dies auf die derzeitige Ausgestaltung der Rechtsaufsicht der Stiftungsbehörden haben wird. Bei der Beratung und der Verantwortung von Stiftungstätigkeit sind die ggf. geänderten Maßstäbe unbedingt zu beachten.

 

Rz. 93

Der Schwerpunkt der Stiftungsaufsicht ist der Schutz der Stiftung vor sich selbst und ihren Organen. Darüber muss sie als verlängerter Arm des Stifters auftreten und muss dessen historischen Willen wahren. Die Stiftungsaufsicht ist allerdings auf eine reine Rechtsaufsicht beschränkt.[134] Alleiniger Maßstab der Stiftungsaufsicht ist, dass sich die Stiftung im Rahmen von Satzung und Gesetz bewegt. Darüber hinaus steht der Stiftungsaufsicht kein Beanstandungsrecht zu. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben stehen der Stiftungsaufsicht die sog. präventiven und repressiven Aufsichtsmaßnahmen zur Verfügung.[135]

 

Rz. 94

Die zentrale Funktion der Stiftungsaufsicht ist die Kontrolle des Stiftungsvorstandes sowohl im öffentlichen Interesse als auch im Interesse der Stiftung selbst.[136] Notwendig ist eine derartige Aufsicht aufgrund der eigenartigen Rechtsgestalt der Stiftung, dem Defizit an Eigentümer- oder Mitgliederkontrolle.[137] Es besteht ein öffentliches, von der Stiftungsaufsicht zu wahrendes Interesse daran, dass der Stiftungsvorstand seine Handlungsfreiheit nicht entgegen dem in der Satzung niedergelegten Willen des Stifters ausnutzt.[138] Dies ist jedoch nicht eine Wohltat, die der Staat dem Stifter als Gegenleistung für seinen Dienst am Gemeinwohl gewährt. Der Gesetzgeber darf selbstständige Teilnehmer am Rechtsverkehr nur zulassen, wenn hinreichend gewährleistet ist, dass ihr haftendes Vermögen ordnungsgemäß verwaltet wird und der Regress gegen pflichtvergessene Organwalter funktioniert.[139]

[132] Vgl. BeckOK BGB/Backert, § 80 Rn 26 ff.; Richter/Sturm, NZG 2005, 655, 657 f.
[133] Vgl. Hüttemann/Richter/Weitemeyer/Schulte, Landesstiftungsrecht, Rn 28.25 ff.
[134] BVerwG v. 22.9.1972 – VII C 27/71, BVerwGE 40, 347, 351; siehe auch BeckOK BGB/Backert, BGB, § 80 Rn 28; Richter/Fischer, Stiftungsrecht, § 8 Rn 46.
[135] Zur Stiftungsaufsicht im Einzelnen vgl. Andrick/Suerbaum, Stiftung und Aufsicht, § 7 u. § 8.
[136] BGHZ 68, 142 ff.; BVerwGE 40, 347 ff.; s. auch Andrick/Suerbaum, Stiftung und Aufsicht, § 4 Rn 18 ff.; Richter/Fischer, Stiftungsrecht, § 8 Rn 9 ff.; Richter, Rechtsfähige Stiftung und Charitable Corporation, 367; Gollan, Vorstandshaftung in der Stiftung, 29 ff.
[137] Vgl. Richter/Fischer, Stiftungsrecht, § 8 Rn 5.
[138] BVerwG v. 27.9.1990 – 4 B 34/90, NJW 1991, 713.
[139] Vgl. Hopt/Reuter, Stiftungsrecht in Europa, 1, 8.

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