Dr. Katharina Hemmen, Dr. Julian Schick
I. Im nationalen Recht
Rz. 7
Das Stiftungszivilrecht und das Stiftungssteuerrecht erlebten in den letzten Jahren immer wieder gesetzliche Veränderungen. Eine zivilrechtliche Standortbestimmung der Stiftung erfolgte durch das Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts im Jahr 2002. Es schlossen sich Reformen der Landesstiftungsgesetze an. Die jüngsten Reformen seit dem Jahr 2007 betrafen schwerpunktmäßig gemeinnützige Stiftungen und hier vor allem – aber nicht ausschließlich – die Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen für Stiftungen und Stifter sowie Fragen der grenzüberschreitenden Tätigkeit von Stiftungen. Umfassende Änderungen erfolgten zuletzt durch die Gemeinnützigkeitsreform im Jahr 2020 sowie die am 1.7.2023 in Kraft getretene Stiftungsrechtsreform, die das Stiftungsrecht bundeseinheitlich neu regelt.
Rz. 8
Durch das Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements vom 10.10.2007 wurde insbesondere das Spendenrecht erheblich verbessert und vereinfacht. Die Regelungen sind rückwirkend zum 1.1.2007 in Kraft getreten.
Rz. 9
Weitere Änderungen des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts, aber auch des Stiftungszivilrechts, erfolgten mit dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes. Dieses trat gestaffelt rückwirkend zum 1.1.2013, zum 29.3.2013 (Tag nach der Verkündung), zum 1.1.2014 und zum 1.1.2015 in Kraft. Die wichtigste Neuerung war die Einführung eines formellen Anerkennungsverfahrens für gemeinnützige Körperschaften ab dem 1.1.2014, vgl. § 60a AO. Zudem wurde ab dem 1.1.2014 die Bildung von Rücklagen gemeinnütziger Körperschaften flexibilisiert, vgl. § 62 AO. Daneben enthielt das Gesetz einige zivilrechtliche Regelungen, etwa zur Zulässigkeit der Verbrauchsstiftung (§ 80 Abs. 1 S. 2 BGB nF; bis 30.6.2023: § 81 Abs. 1 S. 2 BGB aF) oder zur Haftung für ehrenamtlich tätige Organmitglieder, § 31a BGB i.V.m. § 84a Abs. 3 BGB nF (bis 30.6.2023: § 86 BGB aF). Diese zivilrechtlichen Regelungen waren grundsätzlich auch auf Familienstiftungen anwendbar.
Rz. 10
Der jüngsten Änderung des Stiftungszivilrechts liegt das Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts vom 16.7.2021 zugrunde. Es handelt sich um die bisher weitreichendste Reform des Stiftungszivilrechts seit Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches am 1.1.1900. Der Gesetzgeber setzt an die Stelle der teilweise sehr unterschiedlichen Landesstiftungsgesetze der Bundesländer mit der Reform bundeseinheitliche Rechtsvorschriften zur Regelung der Rechtsform der selbstständigen Stiftung. Das neue Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts ist am 1.7.2023 in Kraft getreten und führt zu einer höheren Regelungsdichte insbesondere zu Fragen der Haftung, Strukturwandel und Beendigung von Stiftungen. Darüber hinaus sieht das Gesetz die Einführung eines bundeseinheitlichen Stiftungsregisters ab dem 1.1.2026 vor. Eine Pflicht zur Anmeldung in dieses Register besteht sowohl für Neu- als auch für Altstiftungen. Neben Informationen wie Namen und Sitz der Stiftung sind in das Register u.a. die Satzung, ihre Änderungen sowie auch Angaben zu den vertretungsberechtigten Organmitgliedern einzutragen, vgl. § 2 StiftRG. Zweck des neuen Stiftungsregisters ist die Herstellung von mehr Transparenz und Sicherheit im Hinblick auf die Vertretungsberechtigung der Vorstandsmitglieder, besonderen Vertreter und Liquidatoren.
Zuvor hatte bereits das Jahressteuergesetz 2020 eine Reihe von Änderungen für gemeinnützige Stiftungen hervorgebracht. Die am 29.12.2020 in Kraft getretene Gemeinnützigkeitsrechtsreform betraf neben weiteren Änderungen insbesondere Neuerungen im Rahmen der Kooperationen zwischen steuerbegünstigten Körperschaften, der Beteiligungen an steuerbegünstigten Körperschaften sowie der Mittelweitergabe.
II. Europarechtliche Entwicklungen
Rz. 11
Europarechtlich wird das deutsche Gemeinnützigkeitsrecht zunehmend diskutiert: Im Zusammenhang mit der Kapitalverkehrs-, Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit zu grenzüberschreitenden Tätigkeiten wird vor allem die bislang bevorzugte Stellung inlän...