Dr. Katharina Hemmen, Dr. Julian Schick
Rz. 118
Der Begriff der steuerbegünstigten Zwecke entspricht den gemeinnützigen Zwecken im weiteren Sinne. Diese sind einzuteilen in die gemeinnützigen Zwecke im engeren Sinne (§ 52 AO), in mildtätige Zwecke (§ 53 AO) und in kirchliche Zwecke (§ 54 AO).
aa) Gemeinnützige Zwecke (§ 52 AO)
Rz. 119
Gemeinnützigkeit im engeren Sinne setzt voraus, dass eine Körperschaft ihre Tätigkeit darauf gerichtet hat, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern, vgl. § 52 Abs. 1 S. 1 AO.
Rz. 120
Eine Tätigkeit fördert die Allgemeinheit, wenn sie im Interesse der Allgemeinheit liegt. Was genau ein Allgemeininteresse ausmacht, ist jedoch angesichts der individualistischen Prägung unserer Gesellschaft schwer zu ermitteln. Der geförderte Kreis muss einen Ausschnitt aus der Allgemeinheit darstellen. Nicht erforderlich ist, dass stets die ganze Allgemeinheit gefördert wird. Es genügt vielmehr die Förderung jedes nicht abgeschlossenen Ausschnitts aus ihr. Daran fehlt es, wenn der Kreis der Personen fest abgeschlossen ist, weil er z.B. die Zugehörigkeit zu einer Familie (sog. Familienstiftung) voraussetzt, oder wenn der Kreis infolge seiner Abgrenzung, z.B. nach beruflichen Merkmalen, dauernd nur klein sein kann. Die Zugehörigkeit der geförderten Personen zur Belegschaft eines Unternehmens steht der Gemeinnützigkeit im engeren Sinne des § 52 AO entgegen.
Rz. 121
Der Gesetzgeber hat in § 52 Abs. 2 Nr. 1 bis 26 AO gemeinnützige Zwecke in einem abschließenden Katalog aufgezählt. Nicht enthaltene Zwecke können von einer durch die Länder einzurichtenden Stelle für gemeinnützig erklärt werden, vgl. § 52 Abs. 2 S. 2, 3 AO (sog. Öffnungsklausel); diese Möglichkeit ist in der Praxis jedoch bedeutungslos. Die Einflussnahme auf die politische Willensbildung und öffentliche Meinung ist nach der Rechtsprechung des BFH kein eigenständiger gemeinnütziger Zweck im Sinne von § 52 AO.
bb) Mildtätige Zwecke (§ 53 AO)
Rz. 122
Gemäß § 53 AO verfolgt eine Körperschaft mildtätige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, hilfsbedürftige Personen selbstlos zu unterstützen. Zu unterscheiden ist dabei zwischen persönlicher und wirtschaftlicher Hilfsbedürftigkeit. Hilfsbedürftig ist, wer auf die Hilfe anderer angewiesen ist. Die Hilfe muss erforderlich sein, nicht nur zweckmäßig. Die Hilfsbedürftigkeit muss zudem auf den beiden abschließend aufgezählten Ursachen beruhen. Eine wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit muss i.d.R. durch Vorlage des Bescheids des Sozialleistungsträgers nachgewiesen werden, vgl. § 53 Nr. 2 S. 6 f. AO. Nach Ansicht der Finanzverwaltung steht ein Satzungszweck, der auf die Unterstützung von hilfsbedürftigen Verwandten der Mitglieder, Gesellschafter, Genossen oder Stifter gerichtet ist, der Mildtätigkeit entgegen.
cc) Kirchliche Zwecke (§ 54 AO)
Rz. 123
Gemäß § 54 AO verfolgt eine Körperschaft kirchliche Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, eine Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, selbstlos zu fördern. Regelbeispiele für kirchliche Zwecke sind insbesondere die Errichtung, Ausschmückung und Unterhaltung von Gotteshäusern und kirchlichen Gemeindehäusern, die Erteilung von Religionsunterricht, die Ausbildung von Geistlichen und die Besoldung und Alters- und Behindertenversorgung von Geistlichen etc., vgl. § 54 Abs. 2 AO. Diese Aufzählung ist nicht abschließend.