Dr. Katharina Hemmen, Dr. Julian Schick
Rz. 206
Um die Bereitschaft zur Errichtung von gemeinnützigen Stiftungen zu fördern sowie eine Erhöhung der durchschnittlichen Vermögen von Stiftungen zu erreichen, ist die Vermögensausstattung von steuerbefreiten Stiftungen des öffentlichen und des privaten Rechts besonders begünstigt. Stiftungen des privaten Rechts sind alle rechtsfähigen und auch nichtrechtsfähigen (unselbstständigen) Stiftungen. Zuwendungen an steuerbegünstigte Vereine oder auch an gemeinnützige GmbH sind nicht von der Regelung umfasst. Die rechtsformbezogene Privilegierung von Stiftungen wird mit dem wichtigen Beitrag von Stiftungen für die Bürgergesellschaft, der fehlenden Abhängigkeit von Mitgliedern und daraus resultierenden behördlichen Kontrollen sowie mit ihrem besonderen Bedürfnis, sich aufgrund fehlender Mitgliedsbeiträge durch Zuwendungen zu finanzieren, gerechtfertigt. Der Betrag verdoppelt sich bei zusammenveranlagten Ehegatten seit dem 1.1.2013 unabhängig von einem Nachweis, aus wessen Vermögen die Vermögensausstattung stammt, vgl. § 10b Abs. 1a S. 1 EStG i.d.F. des EhrenamtsStG.
Rz. 207
Der Betrag kann im Jahr der Zuwendung und den folgenden neun Jahren auf Antrag des Steuerpflichtigen als Sonderausgaben abgezogen werden. Er darf der Höhe nach innerhalb des Zehnjahreszeitraums nur einmal in Anspruch genommen werden, kann aber beliebig auf die einzelnen Jahre verteilt werden, vgl. § 10b Abs. 1a S. 3 EStG, § 9 Nr. 5 S. 11 GewStG.
Rz. 208
Die Zuwendung muss "in das zu erhaltende Vermögen (Vermögensstock) einer Stiftung" geleistet werden, vgl. § 10b Abs. 1a S. 1 EStG. Der Begriff "Vermögensstock" wurde erstmals durch das EhrenamtsStG definiert. Gleichzeitig wurden Spenden in das Vermögen von Verbrauchsstiftungen ausdrücklich von der zusätzlichen Begünstigung ausgeschlossen, vgl. § 10b Abs. 1 S. 2 EStG. Vermögen der Stiftung, welches dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO) unterliegt, gehört ebenfalls nicht zum Vermögensstock. Die begünstigte Stiftung kann alle gemeinnützigen Zwecke i.S.d. §§ 52 ff. AO verfolgen, mit Ausnahme der gemeinnützigen Freizeitzwecke i.S.v. § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 23 AO. In zeitlicher Hinsicht sind nicht nur die Errichtungsdotation begünstigt, sondern auch spätere Zuwendungen in den Vermögensstock (Zustiftungen).
Rz. 209
Der erweiterte Abzugsbetrag für Vermögensstockspenden an Stiftungen gilt nicht für Zuwendungen von Körperschaften, sondern richtet sich vorrangig an Privatpersonen. Eine entsprechende Regelung fehlt im Körperschaftsteuerrecht. Die entsprechende gewerbesteuerliche Regelung ist auf Einzelunternehmer und Personengesellschaften beschränkt, vgl. § 9 Nr. 5 S. 9 GewStG.
Rz. 210
Der allgemeine Spendenabzug nach § 10b Abs. 1 EStG und der erhöhte Abzugsbetrag für Vermögensstockspenden können nebeneinander geltend gemacht werden. Der Steuerpflichtige beantragt in seiner Einkommensteuererklärung
(1) in welcher Höhe die Zuwendung als Vermögensstockspende i.S.v. § 10b Abs. 1a EStG behandelt werden soll und
(2) in welcher Höhe er im entsprechenden Zeitraum eine Berücksichtigung wünscht.
Innerhalb des Zehn-Jahres-Zeitraums ist ein Wechsel zwischen § 10b Abs. 1a EStG und § 10b Abs. 1 EStG nicht zulässig.
Rz. 211
Lebzeitige Zuwendungen an gemeinnützige Stiftungen im Zehn-Jahres-Zeitraum vor dem Tod des Spenders oder Stifters können Pflichtteilsergänzungsansprüche der Berechtigten auslösen.