Dr. Katharina Hemmen, Dr. Julian Schick
Rz. 212
Familienstiftungen werden im BGB nicht ausdrücklich genannt. Der BGB-Gesetzgeber orientierte sich am Leitbild der gemeinwohlkonformen Allzweckstiftung, das auch privatnützige bzw. Familienstiftungen umfasst. Zivilrechtliche Sonderregeln für privatnützige Stiftungen existieren jedoch teilweise in den Landesstiftungsgesetzen.
Rz. 213
Sonderregeln für Familienstiftungen kennt das Steuerrecht. Es gibt allerdings keine einheitliche steuerrechtliche Definition der Familienstiftung. Diese Definitionen weichen zudem von den zivilrechtlichen Definitionen der Landesstiftungsgesetze ab.
Rz. 214
Spätestens mit der Modernisierung des Stiftungsrechts hat der Gesetzgeber die Zulässigkeit von privatnützigen Stiftungen und Familienstiftungen anerkannt. Das BGB verlangt lediglich, dass der Stiftungszweck das Gemeinwohl nicht gefährdet, er muss das Gemeinwohl indessen nicht fördern, vgl. § 82 S. 1 BGB (bis 30.6.2023: § 80 Abs. 1 BGB a.F.). Verschiedene Autoren haben die Zulässigkeit von privatnützigen Stiftungen und von Familienstiftungen (insbesondere von sog. "voraussetzungslos berechtigenden" oder "fideikommissartigen" Familienstiftungen) in Frage gestellt. Die Einrichtung eines dauerhaft familiär gebundenen Sondervermögens sei der Dogmatik des Erbrechts grundsätzlich fremd und aufgrund des Widerspruchs zu den Regelungen der §§ 2044 Abs. 2, 2109, 2162 f. und 2210 BGB unzulässig. Auch ermögliche die privatnützige Stiftung die Bildung von Haftungsexklaven. Das Stiftungsvermögen selbst und seine Perpetuierung könne daher genauso wenig Stiftungszweck sein wie die bloße Vermögensmehrung im Sinne einer Vermögensbewirtschaftung.
Rz. 215
Das Stiftungsmodernisierungsgesetz hat im Jahr 2002 die Frage nach der Zulässigkeit indessen (mittelbar) positiv beantwortet. Es enthält keine Einschränkungen der Anerkennungsfähigkeit von privatnützigen Stiftungen. Mit der ganz h.M. ist somit von deren Zulässigkeit auszugehen. Aus der Entstehungsgeschichte des BGB, dem Fideikommissverbot, den erbrechtlichen Regelungen des BGB oder dem stiftungsrechtlichen Gemeinwohlgedanken ergeben sich keine Einschränkungen. Erhebungen des Bundesverbands Deutscher Stiftungen gehen von ca. 1.300 bestehenden Familienstiftungen in Deutschland aus. Ihre zahlreiche Errichtung befeuerte in den letzten Jahren das günstige Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht.
Rz. 216
Motive für die Errichtung einer Familienstiftung können insbesondere sein: die Bewahrung des Vermögens vor Zersplitterung, die Vermeidung von Wohlstandsgefällen zwischen Familienstämmen, der Schutz gegen Pflichtteilsansprüche, das Fehlen geeigneter Nachfolger in der Familie, die Vermeidung von Streit um Mitspracherechte in der Geschäftsführung, die Planbarkeit des Erbschaftsteueranfalls sowie eine Finanzierungsfunktion für ein etwaiges eingebrachtes Unternehmen.