Dr. Katharina Hemmen, Dr. Julian Schick
1. Beschränkte Stiftungsaufsicht
Rz. 217
Wann eine Stiftung als "Familienstiftung" einzuordnen ist, wird in den jeweiligen Landesstiftungsgesetzen unterschiedlich geregelt. Maßgeblich für das anwendbare Recht ist der Sitz der Stiftung. Während es nach einigen Landesstiftungsgesetzen genügt, dass die Stiftung mindestens "überwiegend" dem Wohl der Mitglieder einer oder mehrerer bestimmter Familien bzw. privaten Zwecken dient, fordern andere, dass die Stiftung "ausschließlich" diesbezüglich tätig wird. Allerdings wird der in den meisten Landesstiftungsgesetzen verwendete Begriff "überwiegend" in der Praxis der Stiftungsbehörden nicht einheitlich verstanden. Zumindest muss die Familienbegünstigung als Hauptzweck der Stiftung deutlich hervortreten. Dies beurteilt sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls. Die Rechtsfolgen, die an die Qualifizierung als Familienstiftung geknüpft sind, waren in den einzelnen Bundesländern bislang äußerst unterschiedlich. Es bleibt abzuwarten, ob und inwiefern die nach der Stiftungsrechtsreform zum 1.7.2023 angepassten Landesstiftungsgesetze zu einer Vereinheitlichung führen.
Rz. 218
Bislang stellt sich das Landesstiftungsrecht wie folgt dar: In Bayern findet nur eine "Eingangskontrolle" bei der staatlichen Anerkennung statt; in der Folgezeit sind privatnützige Stiftungen sich selbst überlassen. In Baden-Württemberg sind Familienstiftungen gem. § 13 Abs. 2 StiftG B-W von der Pflicht zur Anzeige bestimmter Rechtsgeschäfte befreit. In Brandenburg unterliegen Familienstiftungen nur insoweit der Stiftungsaufsicht, als sicherzustellen ist, dass ihr Bestand und ihre Betätigung nicht dem Gemeinwohl zuwiderlaufen, vgl. § 4 Abs. 3 S. 2 StiftG Bbg. In Bremen beschränkt sich die Aufsicht auf Maßnahmen nach §§ 85a Abs. 2, 87a BGB (bis 30.6.2023: § 87 BGB a.F.) und auf einzelne Maßnahmen in Bezug auf die Organe, vgl. § 17 S. 2 StiftG Brem. In Niedersachsen und Saarland findet eine Stiftungsaufsicht über Stiftungen mit privatnütziger Zwecksetzung nur im Hinblick auf Maßnahmen nach §§ 85a Abs. 2, 87a BGB (bis 30.6.2023: § 87 BGB a.F.) und zur Sicherstellung der Handlungsfähigkeit der Stiftungsorgane statt, vgl. § 10 Abs. 2 StiftG Nds; § 10 Abs. 3 StiftG Saar. Ähnlich werden die Aufsichtsbehörden in Hamburg (§ 5 Abs. 1 S. 2 StiftG HH), Hessen (§ 21 Abs. 2 StiftG Hess), Nordrhein-Westfalen (§ 6 Abs. 3 StiftG NRW) und Rheinland-Pfalz (§ 9 Abs. 1 S. 3 StiftG R-P) darauf beschränkt, darüber zu wachen, dass Bestand und Betätigung der Stiftung dem öffentlichen Interesse nicht zuwiderlaufen. In Berlin (§ 10 Abs. 2 S. 1 StiftG Bln) beschränkt sich die Stiftungsaufsicht auf die Überwachung der Zusammensetzung der Stiftungsorgane und die Sicherstellung ihrer Handlungsfähigkeit, in Schleswig-Holstein (§ 19 S. 2 StiftG S-H) auf die Bestandswahrung und Beachtung von Rechtsvorschriften. Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen kennen keine Sonderregeln für Familienstiftungen.
2. Stiftungserrichtung
Rz. 219
Die Errichtung einer Familienstiftung weist gegenüber der Errichtung einer gemeinnützigen Stiftung grundsätzlich keine Besonderheiten auf. Auch sie wird durch das Stiftungsgeschäft und die behördliche Anerkennung gegründet. Das Stiftungsgeschäft beinhaltet die Vermögensbindung zum Zwecke des "Familienwohls". Das Stiftungsgeschäft kann als Rechtsgeschäft unter Lebenden oder als Verfügung von Todes wegen vorgenommen werden; und sich auch erst durch Auslegung ergeben.
Rz. 220
Bei der geplanten Übertragung eines Unternehmens ist zu bedenken, dass die Errichtung einer Stiftung als Rechtsakt das Nachfolgerproblem nicht löst. Dies gilt freilich nicht nur für die Stiftung, denn auch die Vererbung an den Nachfolger in der Familie oder überhaupt die Familiengesellschaft sorgt nicht schon an sich für die Unternehmensnachfolge. Ob die Stiftung aber ein guter Eigentümer des Unternehmens s...