Dr. Katharina Hemmen, Dr. Julian Schick
Rz. 332
Für Unternehmerfamilien bietet die sog. Doppelstiftung eine interessante Möglichkeit, die Steuervorteile der gemeinnützigen Stiftung zu erlangen und dennoch die Familieninteressen zu wahren.
Rz. 333
Durch die Errichtung einer Doppelstiftung kann es je nach den konkreten Umständen möglich sein, die gemeinnützigkeitsbezogenen Steuervorteile zu nutzen, die Erbschaft- und Schenkungsteuerlast bei Stiftungserrichtung zu minimieren, die Erbersatzsteuer auf die notwendigen Vermögensteile zu beschränken und die unternehmerische Verantwortung bei der Familie zu bündeln.
Rz. 334
Bei einer Doppelstiftung sind zwei Stiftungen – eine gemeinnützige und eine Familienstiftung – zu errichten. Auf die Familienstiftung werden sodann so viele Anteile eines Unternehmens übertragen, wie für die in der Satzung vorgesehene Unterstützung von Familienmitgliedern und der nachfolgenden Generationen erforderlich ist. Die restlichen Anteile erhält die gemeinnützige Stiftung. Für sie werden jedoch Stimmrechte ausgeschlossen oder zugunsten der Familienstiftung beschränkt.
Rz. 335
Die Familienstiftung hält somit stimmberechtigte Stammaktien oder Stammgeschäftsanteile, die gemeinnützige Stiftung Vorzugsaktien oder Vorzugsgeschäftsanteile. Gegenüber dem Unternehmen decken sich die Interessen beider Stiftungen jedenfalls bzgl. des Hauptinteresses, nachhaltige Erträge aus dem Unternehmen zu erlangen. Durch ein geringeres Volumen der Familienstiftung lassen sich Steuernachteile verringern. Die Steuerfreiheit der gemeinnützigen Stiftung schont die Kapitalbasis des Unternehmens.
Rz. 336
Aus gesellschaftsrechtlicher Sicht stellt sich die Frage, ob diese Kombination von Mehrstimmrechten und stimmrechtslosen Anteilen im Fall einer kapitalmäßig nur symbolischen Beteiligung des Mehrstimmberechtigten eine Umgehung des Abspaltungsverbots darstellt. Inhalt des von der h.M. als allgemeiner Grundsatz anerkannten Abspaltungsverbots ist das Verbot, einzelne Mitgliedschaftsrechte von der Mitgliedschaft als solcher getrennt zu übertragen. Es ist unzulässig, durch Gesellschaftsvertrag anteilslose Stimmrechte zu schaffen.
Rz. 337
Umgekehrt ist jedoch anerkannt, dass es den Gesellschaftern im Innenverhältnis freisteht, sowohl stimmrechtslose Anteile zu schaffen, als auch einzelnen Gesellschaftern Mehrstimmrechte einzuräumen. § 47 GmbHG ist insofern dispositiv. Eine gemeinnützige Stiftung kann demnach Mehrheitsgesellschafterin einer GmbH sein und gleichzeitig stimmrechtslos gestellt werden. Im Umkehrschluss kann ein Mehrstimmrecht auch zugunsten eines symbolisch beteiligten Gesellschafters geschaffen werden. Ob angesichts der ablehnenden Haltung des Gesetzgebers der jüngsten Stiftungsrechtsreform zu "reinen Funktionsstiftungen" auch das Doppelstiftungsmodell unter stiftungsrechtlichen Druck gerät, bleibt abzuwarten.