Dr. Katharina Hemmen, Dr. Julian Schick
1. Überblick
Rz. 242
Bedeutendste Erscheinungsform der nicht steuerbegünstigten Stiftung ist die Familienstiftung. Die rechtsfähige Familienstiftung ist eine juristische Person und wird regelmäßig wie eine solche besteuert. Besonderheiten ergeben sich jedoch, da aufgrund des Familienbezugs ein "Durchgriff" durch die ansonsten steuerlich verselbstständigte Stiftung auf den Stifter und/oder die begünstigten Familienmitglieder erfolgt. Bei Errichtung und Aufhebung der Stiftung kann dies zu einer Steuererleichterung führen, da sich die anzuwendende Steuerklasse bei der Erbschaftsteuer nach dem Verwandtschaftsverhältnis der begünstigten Familienmitglieder zum Stifter richtet. Nach Errichtung der Stiftung wirkt sich dieser Durchgriff auf die Familie hingegen nachteilig aus, weil bei inländischen Familienstiftungen eine Erbersatzsteuer erhoben wird, die generell alle 30 Jahre einen Erbfall zum Zwecke der Erbschaftsbesteuerung fingiert. In ihrer laufenden Besteuerung unterliegen Familienstiftungen dem vollen Körperschaftsteuersatz. Auf die Einkünfte der Destinatäre findet die Abgeltungsteuer Anwendung. Unentgeltliche Übertragungen von Vermögen auf Familienstiftungen sind grundsätzlich schenkung- und erbschaftsteuerpflichtig, soweit nicht steuerlich privilegiertes Vermögen (§§ 13a, 13b ErbStG) übertragen wird. Daneben kann die Stiftungserrichtung auch für den Stifter ertragsteuerliche Folgen haben.
Rz. 243
Stiftungen, die weder gemeinnützigen noch Familienzwecken gewidmet sind, sind äußerst selten. Ihr einziger Steuervorteil liegt darin, dass ihre Steuerpflicht sich nicht auf die besondere Erbschaftsteuer für Familienstiftungen (sog. Erbersatzsteuer) erstreckt. Allerdings unterliegen die Stiftungsausstattung und Zuwendungen bei Auflösung der Stiftung der Schenkungsteuer mit der ungünstigen Steuerklasse III. Ansonsten gilt für Familienstiftungen und sonstige nicht gemeinnützige Stiftungen gleichermaßen, dass sie alle Einkunftsarten verwirklichen können. Insoweit stehen sie steuerlich wie ein Individuum und nicht wie die Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH, AG). Letztere können nur gewerbliche Einkünfte erzielen, vgl. § 8 Abs. 2 KStG. Da Stiftungen juristische Personen sind, gilt für sie bei der Ertragsbesteuerung der Körperschaftsteuertarif, und sie kommen in den Genuss des Beteiligungsprivilegs, also der Befreiung von Körperschaftsteuer für Dividenden und Veräußerungserlöse, vgl. § 8b Abs. 1, 2 KStG (nach § 8b Abs. 4 KStG gilt dies jedoch nicht für Streubesitzdividenden).
2. Besteuerung der Stiftung bei Errichtung
a) Überblick
Rz. 244
Stiftungen werden im Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) an mehreren Stellen angesprochen. Besondere Steuertatbestände existieren für den Erwerb der Erstausstattung von Todes wegen und durch Rechtsgeschäft unter Lebenden. Dabei ist der Empfang einer unentgeltlichen Zuwendung grundsätzlich erbschaft- und schenkungsteuerpflichtig. Die Zuwendung einer Erstausstattung als notwendiger Bestandteil des Ausstattungsversprechens sowie jede Zustiftung sind regelmäßig freigebige Zuwendungen in diesem Sinne.
Rz. 245
An der die Steuerpflicht begründenden Freigebigkeit fehlt es jedoch, wenn die Zustiftung objektiv oder subjektiv entgeltlich erfolgt. Die objektive Entgeltlichkeit liegt vor, wenn der Vermögenshingabe eine adäquate Gegenleistung gegenübersteht. Versorgungsleistungen, die nicht in der Satzung vorgesehen sind, sondern anlässlich der Zustiftung auferlegt oder vereinbart werden, können demgegenüber als Gegenleistungen zu bewerten sein. Soweit hier der Verkehrswert des zugestifteten Vermögens den Verkehrswert der Versorgungsleistungen übersteigt, handelt es sich insoweit um eine teilentgeltliche Zuwendung. Gleiches gilt, wenn von der Stiftung in rechtlichem Zusammenhang mit der Zustiftung Abstands- oder Ausgleichszahlungen zu erbringen sind.
b) Zeitpunkt der Steuerentstehung
aa) Erstausstattung bei Stiftungen von Todes wegen
Rz. 246
Wird eine Stiftung von Todes wegen errichtet, ist die Zuwendung erbschaftsteuerpflichtig, vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG. Diese Steuerpflicht besteht auch dann, wenn der Erbe aufgrund einer ihn beschwerenden Auflage des Erblassers die Stiftung erst noch durch eigenes Stiftungsgeschäft unter Lebenden errichten muss, vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Nr. 2 ErbStG. Der Zeitpunkt der Entstehung der Erbschaftsteuer hängt davon ab, ob die Stiftung als Erbe oder Vermächtnisnehmer einerseits oder als Auflagenbegünstigter andererseits eingesetzt ist.
Rz. 247
Bei der Stiftungserrichtung durch letztwillige Verfügung entsteht die Erbschaftsteuerpflicht erst im Zeitpunkt der Anerkennung der Stiftung durch die Stiftungsbehörde, vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c ErbStG. Diese Regelung weicht von § 80 Abs. 2 S. 2 BGB (bis 30.6.2023: § 84 ...