aa) Der Anwalt war im Ausgangsverfahren bereits tätig
Rz. 27
War der Anwalt bereits im Hauptsacheverfahren beauftragt, gilt auch für ihn § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 5b) RVG. Das Verfahren über die Gehörsrüge zählt zur Hauptsache, sodass keine gesonderte Vergütung anfällt.
Beispiel 11: Nachträglicher Auftrag zur Gehörsrüge
Nach Abweisung der Klage durch das SG erhält der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers den Auftrag, Gehörsrüge zu erheben. Die Rüge wird ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen.
Es gilt wiederum § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 5b) RVG. Die Tätigkeit im Verfahren über die Gehörsrüge ist durch die Gebühren in der Hauptsache abgegolten. Der Anwalt erhält neben den Gebühren der Hauptsache keine gesonderte Vergütung. Ausgehend von den Mittelgebühren ist wie folgt zu rechnen:
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV |
|
360,00 EUR |
2. |
Terminsgebühr, Nr. 3106 VV |
|
335,00 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
715,00 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
135,85 EUR |
Gesamt |
|
850,85 EUR |
bb) Der Anwalt war im Ausgangsverfahren nicht tätig
Rz. 28
War der Anwalt im Hauptsacheverfahren nicht beauftragt, dann erhält er im Verfahren der Gehörsrüge die Vergütung nach den Nrn. 3330, 3331 VV.
Rz. 29
Auch hier erhält der Anwalt zunächst einmal eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3330 VV. Die Höhe der Gebühr im Verfahren über die Rüge beläuft sich auf die Höhe der Verfahrensgebühr im zugrunde liegenden Verfahren, höchstens jedoch auf 260,00 EUR. Das gilt auch dann, wenn die Gehörsrüge im Rechtsmittelverfahren erhoben wird.
Rz. 30
Die Begrenzung greift nur, wenn die Hauptsachegebühr nicht ohnehin unter 260,00 EUR liegt (so z.B. in Beschwerde- oder Erinnerungsverfahren mit Höchstgebühr 250,00 EUR, Nr. 3501 VV).
Beispiel 12: Isolierter Auftrag zur Gehörsrüge
Nach Klageabweisung durch das SG wird der bis dahin nicht mandatierte Anwalt vom Kläger beauftragt, Gehörsrüge zu erheben. Die Rüge wird ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen.
Es entsteht jetzt lediglich eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3330 VV. Ausgehend davon, dass die Mittelgebühr nach Nr. 3102 VV angemessen wäre, also 300,00 EUR, wäre jetzt von dem Höchstbetrag von 260,00 EUR auszugehen.
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 3330 VV |
|
260,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
280,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
53,20 EUR |
Gesamt |
|
333,20 EUR |
Rz. 31
Die Verfahrensgebühr erhöht sich nach Nr. 1008 VV bei mehreren Auftraggebern, und zwar – unabhängig davon, ob derselbe Gegenstand zugrunde liegt – um 30 % je weiteren Auftraggeber, höchstens um das Doppelte des Mindest- und Höchstbetrags.
Beispiel 13: Isolierter Auftrag zur Gehörsrüge, mehrere Auftraggeber
Nach Klageabweisung durch das SG wird der bis dahin nicht mandatierte Anwalt von den Klägern, einer Bedarfsgemeinschaft aus vier Personen, beauftragt, Gehörsrüge zu erheben. Die Rüge wird ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen.
Die Verfahrensgebühr und auch die Höchstgrenze erhöhen sich nach Nr. 1008 VV um 30 % je weiteren Auftraggeber. Ausgehend davon, dass die um 90 % erhöhte Mittelgebühr nach Nr. 3102 VV angemessen wäre, also 684,00 EUR, wäre jetzt von dem um 90 % erhöhten Höchstbetrag von 494,00 EUR auszugehen.
1. |
Verfahrensgebühr, Nrn. 3330, 1008 VV |
|
494,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
514,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
97,66 EUR |
Gesamt |
|
611,66 EUR |
Rz. 32
Eine Reduzierung der Verfahrensgebühr bei vorzeitiger Erledigung nicht vorgesehen (arg. e Nr. 3337 VV).
Rz. 33
Findet im Verfahren über die Gehörsrüge ein Termin i.S.d. Vorbem. 3 Abs. 3 VV statt, so erhält der Anwalt eine Terminsgebühr nach Nr. 3331 VV. Der Anwendungsbereich richtet sich auch hier nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV.
Beispiel 14: Isolierter Auftrag zur Gehörsrüge mit Verhandlung
Nach Klageabweisung durch das SG wird der bis dahin nicht mandatierte Anwalt vom Kläger beauftragt, Gehörsrüge zu erheben. Über die Rüge wird mündlich verhandelt.
Es entsteht jetzt neben der Verfahrensgebühr nach Nr. 3330 VV auch eine Terminsgebühr nach Nr. 3331 VV. Ausgehend davon, dass die Mittelgebühr angemessen wäre, also 360,00 EUR Verfahrensgebühr und 335,00 EUR Terminsgebühr, ist jetzt sowohl für die Verfahrens- als auch für die Terminsgebühr von dem Höchstbetrag i.H.v. 260,00 EUR auszugehen.
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 3330 VV |
|
260,00 EUR |
2. |
Terminsgebühr, Nr. 3331 VV |
|
260,00 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
540,00 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
102,60 EUR |
Gesamt |
|
642,60 EUR |
Rz. 34
Eine fiktive Terminsgebühr bei Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, Abschluss eines schriftlichen Vergleichs oder Annahme eines Anerkenntnisses ist mangels Bezugnahme auf die entsprechenden Vorschriften (Anm. Abs. 1 S. 1 zu Nr. 3106 VV etc.) nicht möglich, abgesehen davon, dass eine mündliche Verhandlung über die Gehörsrüge auch hier nicht vorgeschrieben ist.
Rz. 35
Möglich ist auch der Anfall einer Einigungsgebühr. Die Gebühr entsteht gem. Nr. 1006 VV in Höhe der konkret bestimmten Verfahrensgebühr nach Nr. 3330 VV.
Beispiel 15: Isolierter Auftrag zur Gehör...