Dr. Daniel Faulenbach, Peter Friedhofen
Rz. 23
Zum Problemkreis des Zugangs der Kündigung gegenüber einem Abwesenden vgl. zunächst § 1 in diesem Handbuch. Gem. § 130 Abs. 1 BGB wird eine Willenserklärung (Kündigung), die einem Abwesenden gegenüber abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie ihm zugeht. Die Kündigungserklärung ist in dem Zeitpunkt zugegangen, indem sie so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass bei Annahme gewöhnlicher Verhältnisse damit zu rechnen ist, dass der Empfänger von ihr Kenntnis nehmen konnte. Der Einwurf in den Briefkasten unter der Wohnungsanschrift (Heimatanschrift) des Arbeitnehmers bewirkt in dem Augenblick den Zugang, in dem mit der Leerung des Briefkastens zu rechnen ist, also entweder noch an demselben Tag, wenn an diesem Tag verkehrsüblicherweise noch mit der Leerung des Briefkastens gerechnet werden kann, sonst am Folgetag. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ortsabwesend ist, sei es urlaubsbedingt oder aus anderen Gründen. Vorgesagtes gilt unabhängig davon, ob dem Arbeitgeber die urlaubsbedingte oder aus anderen Gründen veranlasste Ortsabwesenheit des Arbeitnehmers, dessen Urlaubsanschrift oder Kuranschrift bekannt war oder nicht. Es besteht kein zwingender Anlass, in den Fällen, in denen dem Arbeitgeber die Urlaubs- oder Kuranschrift des Arbeitnehmers bekannt ist, den Zugang der an die Heimatanschrift des Arbeitnehmers gerichteten Kündigungserklärung erst in dem Zeitpunkt eintreten zu lassen, in dem der Arbeitnehmer aus dem Urlaub zurückkehrt. Diese Auffassung überzeugt schon deshalb nicht, weil der Arbeitgeber bestimmte Kündigungstermine und Kündigungsfristen sowie bei einer fristlosen Kündigung die Ausschlussfrist gem. § 626 Abs. 2 BGB einzuhalten hat und dem Arbeitgeber nicht das Risiko der Versäumung dieser Fristen in Folge Ortsabwesenheit des Arbeitnehmers aufgebürdet werden kann. Es ist auch nicht einzusehen, dass dem Arbeitgeber insbesondere beim Auslandsaufenthalt des Arbeitnehmers das häufig nicht kalkulierbare Übermittlungsrisiko aufgebürdet wird. Von dem an objektiven und generellen Kriterien orientierten Zugangsbegriff des Bürgerlichen Rechts sollte auch im Arbeitsrecht nicht ohne Not abgewichen werden. Die Frage, ob eine nachträgliche Klagezulassung zu gewähren ist, wenn der Arbeitnehmer die Klagefrist wegen Ortsabwesenheit verstreichen lässt, ist von der Frage des Zugangs der Kündigung zu trennen. Geht man – wie hier – davon aus, dass der Zugang der an die Heimatanschrift des Arbeitnehmers gerichteten Kündigungserklärung in dem Zeitpunkt bewirkt wird, in dem der Arbeitnehmer, wäre er zu Hause, vom Kündigungsschreiben Kenntnis nehmen könnte, geht dem Arbeitnehmer weder der Schutz des KSchG noch das Recht verloren, gegen die Kündigung andere Unwirksamkeitsgründe geltend zu machen. Versäumt der Arbeitnehmer aus den vorgenannten Gründen (Ortsabwesenheit wegen Urlaub oder Kur oder aus sonstigen Gründen) unverschuldet i.S.v. § 5 Abs. 1 KSchG die Klagefrist, dann ist die Klage nachträglich zuzulassen. Dies gilt indes nicht uneingeschränkt. Denn der Arbeitnehmer, der nicht nur vorübergehend ortsabwesend ist, hat sicherzustellen, dass er zeitnah von einem Kündigungsschreiben Kenntnis erlangt, das in einen von ihm vorgehaltenen Briefkasten im Inland eingeworfen wird.
Rz. 24
Geht dem Arbeitnehmer die Kündigungserklärung während der Ortsabwesenheit oder eines Auslandsaufenthaltes dort zu, ist die Klage innerhalb von drei Wochen zu erheben. Der Arbeitnehmer muss alle Kommunikationsmöglichkeiten nutzen, um eine rechtzeitige Klageerhebung zu erreichen.