Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
Rz. 438
Kern der Unternehmensteuerreform 2001 war die Neuordnung der deutschen Kapitalgesellschaftsbesteuerung, d.h. der Ersatz des seit 1977 geltenden Körperschaftsteueranrechnungsverfahrens durch ein modifiziertes klassisches Körperschaftsteuersystem mit Anteilseignerentlastung, das sog. Halbeinkünfteverfahren bei natürlichen Personen und eine technische vollständige Freistellung der Dividenden und sonstigen Bezüge bei Körperschaften als Anteilseignern gem. § 8b KStG. Diese Entlastung der natürlichen Personen als Anteilseigner wurde mit der Unternehmensteuerreform 2008 in das Teileinkünfteverfahren umgestaltet. Seit 2009 werden deshalb nicht mehr 50 %, sondern nur noch 40 % der Bezüge steuerfrei gestellt. Die Kapitalgesellschaft unterliegt seit 2008 der Körperschaftsteuer mit einem einheitlichen Steuersatz von 15 % (§ 23 Abs. 1 KStG), der unabhängig davon zur Anwendung kommt, ob die Gewinne ausgeschüttet oder thesauriert werden. Die Senkung des Körperschaftsteuersatzes war auch Anlass für die Modifikation des Halbeinkünfteverfahrens zum 60 %-Teileinkünfteverfahren und die damit verbundene Erhöhung der Steuerbelastung auf Ausschüttungen. Der Gesetzgeber wollte die Endbelastung bei einem einkommensteuerpflichtigen Anteilseigner in ungefähr bisheriger Höhe aufrecht erhalten.
Rz. 439
Das Teileinkünfteverfahren findet Anwendung, wenn die Beteiligung einem Betriebsvermögen zugeordnet ist (§ 3 Nr. 40 Satz 2 EStG, vgl. unten unter Rdn 451) oder der Anteilseigner gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG optiert.
Rz. 440
Wenn es sich bei dem Anteileigner um eine inländische Kapitalgesellschaft handelt, wird eine Freistellung der Bruttodividenden oder sonstigen Bezügen aus einer Kapitalgesellschaft gewährt (§ 8b Abs. 1 KStG). Es gelten aber 5 % der Bruttodividende gem. § 8b Abs. 5 KStG als nicht abziehbare Betriebsausgabe, sodass die Steuerbefreiung effektiv 95 % der Dividende beträgt. Der Sitz der ausschüttenden Tochter-Kapitalgesellschaft ist unerheblich. Voraussetzung für die inländische Steuerfreistellung ist allerdings, dass die Dividende im Ausland nicht die Bemessungsgrundlage gemindert haben darf, d.h. die Auszahlung dort nicht als Betriebsausgabe abgezogen worden sein darf. Einschränkungen/Besonderheiten ergeben sich insoweit auch bei dem Bezug von verdeckten Gewinnausschüttungen aus dem Ausland, die z.B. auftreten können, wenn zwei ausländische Tochtergesellschaften der inländischen Kapitalgesellschaft untereinander unangemessene Verrechnungspreise vereinbaren (sog. verdeckte Gewinnausschüttung im Dreiecksverhältnis). Korrespondierend zu der Freistellung von Dividenden werden auch Veräußerungsgewinne, die eine Kapitalgesellschaft aus der Veräußerung von Anteilen an nachgeordneten Kapitalgesellschaften bezieht, nach § 8b Abs. 3 KStG zu im Ergebnis 95 % von der Besteuerung freigestellt.
Rz. 441
Mit Wirkung vom 1.3.2013 wurde eine Steuerpflicht in- und ausländischer Streubesitzdividenden für Zwecke der Körperschaftsteuer in § 8b Abs. 4 KStG eingeführt. Die Steuerpflicht inländischer Streubesitzdividenden gilt für Gewinnausschüttungen, die nach dem 28.2.2013 zufließen (§ 34 Abs. 7a Satz 2 KStG i.d.F. des EuGHDivUmsG). Maßgeblich für die Höhe der Beteiligungsgrenze des § 8b Abs. 4 KStG sind die Verhältnisse zu Beginn des Kalenderjahres. Allerdings wird bei unterjährigem Erwerb einer mind. 10 %-Beteiligung nach § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG fingiert, dass diese bereits zu Beginn des Jahres erworben worden sei. Ist eine Kapitalgesellschaft über eine Personengesellschaft an der ausschüttenden Kapitalgesellschaft beteiligt, wird auf die durchgerechnete Quote abgestellt. Bei Beteiligung einer Kapitalgesellschaft an einer zwischengeschalteten Personengesellschaft mit 50 % und einer Beteiligung der zwischengeschalteten Personengesellschaft an der ausschüttenden Kapitalgesellschaft von z.B. 18 %, ergibt sich durchgerechnet eine Beteiligungsquote der Kapitalgesellschaft von 9 %. Die Dividende wäre damit steuerpflichtig, da die Grenze von 10 % nicht überschritten wird. Für Kapitalgesellschaften hat sich die Belastung für Streubesitzdividenden damit deutlich erhöht und verschärft, da die Dividenden einer kombinierten Belastung aus KSt und GewSt von annähernd 30 % unterliegen. Veräußerungsgewinne aus Streubesitzanteilen fallen dagegen nach wie vor unter die Steuerbefreiung des § 8b Abs. 2 KStG.
Rz. 442
Die Gewerbesteuer setzt grds. an dem Ertrag nach Körperschaftsteuergesetz an. Soweit die Voraussetzungen für eine Befreiung von erhaltenen Ausschüttungen nach § 8b KStG gegeben ist, sind diese Ausschüttungen auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrags zunächst nicht berücksichtigt. Im Rahmen der Prüfung von Hinzurechnungen/Kürzungen nach §§ 8, 9 GewStG ist dann zu prüfen, ob die erhaltenen Dividenden nach wie vor ausgenommen bleiben oder eine Hinzurechnung zu erfolgen hat.
Rz. 443
Für Beteiligungen unter 15 % (s. Rdn 442) sieht das Gewerbesteuerrecht in § 8 Nr. 5 GewStG eine Hinzurechnung der Bruttodividendenb...