Rz. 290

Die pauschalisierte Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer nach § 35 EStG verfolgt zwei Ziele. Zum einen sollen Unternehmer mit Einkünften aus Gewerbebetrieb annähernd gleich belastet werden wie nicht gewerbliche Unternehmer. Zum anderen soll ein typisierender Beitrag zur Rechtsformneutralität geleistet werden. Durch die Absenkung des Körperschaftsteuersatzes auf 15 % käme es ohne Anrechnung der Gewerbesteuer insoweit zu einer erheblichen Steuerbegünstigung von Kapitalgesellschaften im Vergleich zu Einzelunternehmern und Personengesellschaften.[524]

 

Rz. 291

Die Gewerbesteuer führt zu einer Sonderbelastung der Bezieher von Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG). Im Beschluss zu § 32c EStG a.F. vom 21.6.2006 hat das BVerfG[525] gebilligt, dass der Gesetzgeber der Zusatzbelastung mit Gewerbesteuer durch eine einkommensteuerliche Entlastung Rechnung trägt. Die Erhebung der Gewerbesteuer begrenzt auf die Einkünfte aus Gewerbebetrieb ist insoweit verfassungskonform.[526]

 

Rz. 292

Die Gewerbesteueranrechnung beträgt grds. das 4-fache des Gewerbesteuermessbetrags. Die Gewerbesteueranrechnung ist – was steuerpolitisch fragwürdig ist – auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuerschuld (§§ 35 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Abs. 4 EStG) begrenzt. Dies führt dazu, dass Unternehmer, die ihr Einzelunternehmen oder die Personengesellschaft an Standorten ansiedeln, die einen günstigen Gewerbesteuerhebesatz (z.B. 300 %) aufweisen, letztlich keinen Vorteil aus dem niedrigen Gewerbesteuerhebesatz haben. Die steuerliche Gesamtbelastung bleibt mind. in Höhe der regulären Einkommensteuerbelastung bestehen. Der Anreiz, Unternehmen in Gemeinden mit niedrigen Gewerbesteuerhebesätzen anzusiedeln, entfällt.

[524] Schmidt/Wacker, EStG, § 35 Rn 2.
[525] BVerfG, 21.6.2006 – 2BvL 2/99, DStR 2006, 1316.

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