Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
a) "Denken in Bilanzen"
Rz. 7
Da jeder Vorfall das Bilanzbild verändert, beruht das bilanzielle Grundverständnis darauf, unabhängig von der konkreten Buchführungstechnik "in Bilanzen zu denken". Zu unterscheiden sind Geschäftsvorfälle, die mangels Gewinnauswirkung das Eigenkapital nicht ändern, von denjenigen, die mit Gewinnauswirkung das Eigenkapital beeinflussen. Schichtet ein konkreter Geschäftsvorfall einzelne Bilanzpositionen nur um, so sind sie im Hinblick auf eine eventuelle Ergebnis- bzw. Eigenkapitalbeeinflussung erfolgsneutral. Ändern Geschäftsvorfälle das Eigenkapital, dann können sie entweder erfolgswirksam (Aufwendungen, Erträge) oder wiederum erfolgsneutral (Einlagen, Entnahmen) sein. Jeder einzelne Geschäftsvorfall ändert mindestens zwei Bilanzpositionen, und zwar entweder nur Positionen der Aktiv- oder nur der Passivseite oder Positionen beider Bilanzseiten.
b) Erfolgsneutrale Geschäftsvorfälle
Rz. 8
Hinsichtlich der das Eigenkapital nicht ändernden, erfolgsneutralen Geschäftsvorfälle sind Aktivtausch, Passivtausch, Bilanzverlängerung und Bilanzverkürzung zu unterscheiden.
Beim erfolgsneutralen Aktivtausch ändern sich zwei Aktivkonten. Wurde z.B. der Kassenbestand auf ein Bankkonto eingezahlt, dann lautet der Buchungssatz (dazu u. Rdn 75): "Bank an Kasse". Es findet ein Zugang auf dem Konto "Bank" statt, der seine Gegenbuchung im Abgang auf dem Konto "Kasse" findet. Beim Passivtausch werden zwei Passivkonten berührt. Wenn z.B. ein Lieferant auf die kurzfristige Erfüllung eines Anspruchs verzichtet und dem Kunden dafür ein langfristiges Darlehen gewährt, so erhöht sich in der Bilanz des Kunden der Passivposten "Darlehensverbindlichkeiten", der Passivposten "Kurzfristige Verbindlichkeiten" vermindert sich in gleicher Höhe. Die Bilanzsumme ändert sich nicht, ebenso wenig das Eigenkapital. Der Vorgang ist erfolgsneutral. Erwirbt der Kaufmann einen Vermögensgegenstand "auf Ziel" (gegen Kreditierung/Stundung des Kaufpreises), führt dies zu einer erfolgsneutralen Bilanzverlängerung. Werden z.B. Vorräte eingekauft, lautet der Buchungssatz: "Vorräte an Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen". Aktiv- und Passivseite der Bilanz steigen im gleichen Verhältnis, ohne das Eigenkapital zu berühren. Beim umgekehrten Fall einer Bilanzverkürzung vermindern sich Aktiv- und Passivseite der Bilanz gleichermaßen. Erfüllt bspw. ein Kaufmann eine Verbindlichkeit, indem er diese über das Geschäftskonto überweist, mindert sich die Passivposition "Verbindlichkeiten" und die Aktivposition "Bank" um den überwiesenen Betrag. Der Buchungssatz lautet: "Verbindlichkeiten an Bank". Hier verkürzt sich zwar die Bilanzsumme, doch ändert sich das Eigenkapital nicht. Der Vorgang ist ebenfalls erfolgsneutral.
c) Erfolgswirksame Geschäftsvorfälle
Rz. 9
Haben Geschäftsvorfälle eine Gewinnauswirkung, führen sie zu einer Änderung des Eigenkapitals und sind damit in jedem Fall erfolgswirksam. Solche Vorgänge führen entweder zu Erträgen oder zu Aufwendungen. Hat bspw. ein Kaufmann einen Vermögensgegenstand des Betriebsvermögens vermietet und zahlt der Mieter den Mietzins auf das Bankkonto des Kaufmanns ein, nimmt die Aktivposition "Bank" zu, ohne dass sich eine andere Aktivposition mindert. Auch Fremdkapitalposten werden nicht berührt. Der Vorgang wirkt sich allein auf das Eigenkapital aus, welches sich i.H.d. erhaltenen Mietzinses erhöht. Mithin löst der Mietzins einen Ertrag aus. Zahlt der Kaufmann einem Arbeitnehmer dessen Gehalt in bar, so mindert sich zunächst in entsprechender Höhe der Kassenbestand. Da andere Positionen der Aktivseite und das Fremdkapital der Passivseite nicht betroffen sind, muss der bilanzielle Ausgleich durch Änderung der Position "Eigenkapital" vorgenommen werden. Die Gehaltszahlung ist also eine Aufwendung und mindert das Eigenkapital.
d) Eigenkapitalrelevante Geschäftsvorfälle ohne Gewinnauswirkung
Rz. 10
Privatentnahmen und Privateinlagen (z.B. aus der Geschäftskasse) sind Geschäftsvorfälle, die zwar das Eigenkapital ändern, die aber außerbetrieblich veranlasst sind und deshalb keine Gewinnauswirkung haben dürfen. Sie sind deshalb erfolgsneutral zu qualifizieren. Jede Entnahme mindert das Eigenkapital, jede Einlage führt zu seiner Erhöhung.