Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
a) Gesellschaft als Subjekt der Einkünfteerzielung
aa) Transparenzprinzip
Rz. 321
Die Mitunternehmerschaft kann handelsrechtlich gem. § 124 HGB selbst Träger von Rechten und Pflichten sein. Im deutschen Einkommensteuerrecht hingegen ist die Personengesellschaft kein eigenständiges Steuersubjekt. Die Gesellschaft kann als Subjekt der Gewinnerzielung und Gewinnermittlung verstanden werden, während der Gesellschafter Subjekt und Schuldner der Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer ist. Deshalb wird auch von einer "begrenzten Steuerrechtssubjektivität" der Gesellschaft gesprochen. Die zivilrechtliche (Teil-)Verselbstständigung des Gesamthandsvermögens gegenüber dem übrigen Vermögen der Gesellschafter steht dem steuerlich nicht entgegen.
Rz. 322
Die Personengesellschaft kann verschiedene Einkunftsarten erzielen. Bei den Gewinneinkunftsarten sind die Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus selbstständiger Arbeit und aus Land- und Forstwirtschaft von praktischer Relevanz. Bei den Überschusseinkunftsarten handelt es sich um Einkünfte der vermögensverwaltenden Personengesellschaften aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung. Die Zuordnung zu den jeweiligen Einkunftsarten definiert die Art der Einkünfteermittlung und der Besteuerung auf Gesellschafterebene.
bb) Einkünfteerzielungsabsicht auf der Ebene der Gesellschaft und der Gesellschafter
Rz. 323
Damit Einkünfte einer der sechs Einkunftsarten erzielt werden können, muss sowohl auf der Ebene der Gesellschaft als auch auf der Ebene der Gesellschafter Einkünfteerzielungsabsicht vorliegen. Das Tatbestandsmerkmal der Einkünfteerzielungsabsicht hat den Zweck, einkommensteuerrechtlich relevante Tatbestände von den irrelevanten Tatbeständen der Liebhaberei abzugrenzen, wobei insbesondere der erstrebte wirtschaftliche Vorteil im Sinne einer Minderung der Steuerbelastung des Gesellschafters nicht für die Einkünfteerzielungsabsicht ausreicht.
Rz. 324
Im Bereich der Gewinneinkunftsarten bei den Mitunternehmerschaften erfordert dies, die Absicht, eine Vermögensmehrung in Form eines sog. Totalgewinns zu verfolgen. Die reine Kostendeckung reicht insofern nicht aus. Der Totalgewinn bezeichnet das Gesamtergebnis des Betriebs von der Gründung bis zu Veräußerung bzw. Aufgabe oder Liquidation. Bei den vermögensverwaltenden Personengesellschaften, die Überschusseinkünfte erzielen, kommt es auf ein positives steuerliches Gesamtergebnis innerhalb der sog. Totalperiode an, wobei grds. Veräußerungsgewinne, die nicht unter die steuerpflichtigen privaten Veräußerungsgeschäfte i.S.v. § 23 EStG fallen, nicht in die Prognose einbezogen werden.
Rz. 325
Die Beweislast für das Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht trägt in der Regel der Steuerpflichtige. Kann die Einkünfteerzielungsabsicht nicht nachgewiesen werden, so kann es sich um eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei handeln. In diesem Fall sind weder Gewinne noch Verluste steuerlich relevant, wobei in der Praxis regelmäßig verlustbringende Tätigkeiten aus privaten Neigungen als Liebhaberei qualifiziert werden, mit der Folge, dass eine Verlustverrechnung seitens der Finanzverwaltung versagt wird.
cc) Zurechnung der Einkünfte an Mitunternehmer
(1) Bedeutung der Mitunternehmerstellung
Rz. 326
Einkünfte aus Gewerbebetrieb, freiberufliche oder land- und forstwirtschaftliche Einkünfte erzielen nach §§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 18 Abs. 3 oder § 13 EStG die Gesellschafter, die als Mitunternehmer anzusehen sind. Nur unter dieser Voraussetzung sind sie in die steuerliche Gewinnverteilung einzubeziehen. Erzielt eine Gesellschaft zwar gewerbliche Einkünfte, ist die betreffende Person aber nicht Mitunternehmer, so kommt für sie nur die Besteuerung der Einkünfte bei den nichtgewerblichen Einkunftsarten oder die Zurechnung der Einkünfte bei den Gesellschaftern, die als Mitunternehmer anzusehen sind, in Betracht.
(2) Voraussetzungen der Mitunternehmerstellung
(a) Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative
Rz. 327
Der Begriff des Mitunternehmers ist im Gesetz nicht definiert und muss daher ausgelegt werden. Als Typusbegriff umfasst der Mitunternehmerbegriff eine Vielzahl von Anzeichen und Merkmalen, die in ihrer Gesamtheit dazu führen müssen, dass der Gesellschafter Mitunternehmerinitiative entfalten kann und ein Mitunternehmerrisiko trägt. Beide Merkmale müssen vorliegen, wobei sie unterschiedlich stark ausgeprägt sein können, ohne dass die Mitunternehmerstellung entfällt. Sofern eines der beiden Merkmale gänzlich fehlt, liegt kein Mitunternehmeranteil vor.
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Nach Auffassung des BFH ist eine ausreichende Mitunternehmerinitiative gegeben, wenn dem einzelnen Gesellschafter wenigstens solche Rechte zustehen, die den Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten eines Kommanditisten oder den gesellschaftsrechtlichen Kontrollr... |