Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
Rz. 356
Zu dem in Ermittlungsstufe eins ermittelten Steuerbilanzergebnis der Personengesellschaft werden in Ermittlungsstufe zwei die Ergebnisse (Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben) des Sonderbereichs hinzuaddiert. Diese werden in Form der Sonderbilanz und -GuV für jeden Gesellschafter gesondert ermittelt. In § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 2 EStG werden Tätigkeiten genannt, welche als schuldrechtliche Leistungsbeziehungen sog. Sondervergütungen darstellen (Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft, Hingabe von Darlehen und Überlassung von Wirtschaftsgütern). Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben sind daneben auch sonstige Einnahmen und Ausgaben, die durch die Mitunternehmerstellung veranlasst sind. Die Norm des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 2 EStG hat hierbei Vorrang vor anderen Einkunftsarten. Durch die Zuordnung von Einkünften zum Sonderbereich eines Mitunternehmers werden diese zu gewerblichen Einkünften umqualifiziert.
Liegen Sondervergütungen vor, sind diese grds. zeit- und betragsgleich neben der Aufwandsbuchung bei der Personengesellschaft ergebniserhöhend in einer Sonder-GuV des einzelnen Gesellschafters zu erfassen (sog. Prinzip der korrespondierenden Bilanzierung). Aufwandsbuchungen mindern den Steuerbilanzgewinn der Mitunternehmerschaft daher auf der ersten Ermittlungsstufe, während korrespondierend in der Sonderbilanz des Gesellschafters eine Ertragsbuchung erfolgt. Im Ergebnis ändert sich der Gesamtgewinn der Personengesellschaft nicht.
Von den schuldrechtlich vereinbarten Sondervergütungen ist der Gewinnvorab abzugrenzen. Dieser ist anzunehmen bei Vergütungen, die auf Basis von gesellschaftsvertraglichen Regelungen aus dem Gewinn gewährt werden. Insoweit kommt es zu keiner Erfassung als Aufwand auf Ebene der Gesellschaft, sondern zur Behandlung als Gewinnanteil nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 1 EStG. Ein Gewinnvorab kann auch dann vorliegen, wenn das einem Gesellschafter nach den gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen zu zahlende Gewinnvorab höher ist als der Gewinn der Gesellschaft. Die Gewinnanteile der anderen Gesellschafter werden dann zu Verlustanteilen. Die Abgrenzung hat u.a. Auswirkungen auf die Verlustverrechnung, da bspw. bei Anwendung von § 15a EStG der Sonderbereich und der Gesamthandsbereich separat betrachtet werden. Erträge aus dem Sonderbereich können – auch wenn es sich um Sonderbetriebsvermögen im Rahmen einer Mitunternehmerschaft handelt – nur unter den Voraussetzungen des § 15a EStG (persönliche Haftung oder ausreichendes steuerbilanziellen Eigenkapital) mit Verlusten aus dem Gesamthandbereich nach § 15a EStG verrechnet werden.
Rz. 357
Da die Leistungsvergütungen unterjährig bereits an den Mitunternehmer abgeflossen sind, stellen sie als Bestandteil der Einkommensverwendung steuerlich Entnahmen dar. Dies hat Konsequenzen sowohl für den Schuldzinsenabzug (§ 4 Abs. 4a EStG), für die Ermittlung des nicht entnommenen Gewinns i.S.d. § 34a EStG und für die Entnahmebeschränkung gem. § 13a ErbStG. Etwas anderes gilt, wenn der Gesellschafter ein eigenes Bankkonto für die Auszahlung der Vergütungen führt, dieses als gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen behandelt und Liquidität auf diesem Bankkonto stehen lässt.