Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
a) Trennungsprinzip
Rz. 427
In Anlehnung an die zivilrechtliche Rechtslage ist das Trennungsprinzip das Grundkonzept der Kapitalgesellschaftsbesteuerung. Die Körperschaftsteuer ist die "Einkommensteuer der juristischen Person" und besteuert die eigene Leistungsfähigkeit der Gesellschaft. Folglich ist die Kapitalgesellschaft Steuerschuldnerin der Körperschaftsteuer (vgl. § 1 Abs. 1 KStG und § 2 KStG) und der Gewerbesteuer (§§ 2 Abs. 2, 5 Abs. 1 KStG). Dies gilt analog für die zur Besteuerung als Kapitalgesellschaft optierenden Personengesellschaft.
Rz. 428
Aus Sicht der hinter der Kapitalgesellschaft stehenden natürlichen Person ergibt sich daraus eine wirtschaftliche Doppelbelastung der in der Kapitalgesellschaft erwirtschafteten Gewinne, wenn diese ausgeschüttet werden. "Klassische" Körperschaftsteuersysteme beseitigen diese Doppelbelastung grds. nicht. Das von 1977 bis zur Unternehmensteuerreform 2001 geltende Körperschaftsteueranrechnungsverfahren vermied die Doppelbelastung, indem Gesellschaft und Gesellschafter als Einheit betrachtet wurden. Die Körperschaftsteuer wirkte wirtschaftlich wie eine Vorauszahlung auf die Einkommensteuerschuld für die Anteilseigner.
Die Unternehmensteuerreform 2001 brachte die Rückkehr zu einem modifizierten klassischen System mit Anteilseignerentlastung. Sie bestätigte und verstärkte das Trennungsprinzip.
Es ergeben sich aus dem Trennungsprinzip insb. Konsequenzen für die steuerliche Behandlung der Gewinnthesaurierung, die steuerliche Anerkennung schuldrechtlicher Vereinbarungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter sowie die Verlustverrechnung zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterebene.
b) Einkommens- und Gewerbesteuermessertragsermittlung
Rz. 429
Das körperschaftsteuerliche Einkommen ist gem. § 7 Abs. 1 und 2 KStG Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer. Ausgangspunkt der Ermittlung sind gem. § 8 Abs. 1 KStG die Einkünfte der Kapitalgesellschaft i.S.d. EStG, die bei ihr kraft Gesetzes ausschließlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 8 Abs. 2 KStG) qualifiziert werden. Ausgangspunkt ist zunächst der aus der Handelsbilanz unter Beachtung der steuerlichen Gewinnermittlungsregelungen ermittelte Gewinn der Kapitalgesellschaft. Darüber hinaus sind die außerbilanziellen Einkommenskorrekturen des Einkommensteuergesetzes sowie der §§ 8 Abs. 3, 8a, 8b, 9 und 10 KStG vorzunehmen.
Rz. 430
Für gewerbesteuerliche Zwecke unterhalten Kapitalgesellschaften unabhängig von ihrer tatsächlichen Betätigung kraft gesetzlicher Fiktion stets einen Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 2 GewStG). Der Gewerbeertrag wird aus dem Gewinn aus Gewerbebetrieb – modifiziert durch die Hinzurechnungen und Kürzungen der §§ 8, 9 GewStG – ermittelt. Der Kapitalgesellschaft steht der Freibetrag nach § 11 GewStG nicht zu.
c) Außerbilanzielle Einkommenskorrekturen
Rz. 431
Für den Bereich der Gewinnermittlung gelten die unter Rdn 278 f. erläuterten Regelungen zu nicht abzugsfähigen bzw. eingeschränkt abzugsfähigen Betriebsausgaben und entsprechenden Einkommenskorrekturen.
Außerbilanzielle Korrekturen ergeben sich bei in der Praxis häufig anzutreffenden verdeckten Gewinnausschüttungen und verdeckten Einlagen. Die Entgelte aus Geschäftsbeziehungen mit Gesellschaftern oder nahestehenden Unternehmen müssen dem entsprechenden, was fremde Dritte miteinander vereinbaren. Es findet die Rechtsfigur des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters Anwendung. Anhand dieses Maßstabs ist hypothetisch zu beurteilen, ob Entgelte angemessen sind.
Von wesentlicher Bedeutung ist darüber hinaus § 8b KStG. § 8b KStG regelt das körperschaftsteuerliche Schachtelprivileg sowie Veräußerungsgewinnbefreiungen als wesentliches Element des derzeitigen Körperschaftsteuersystems. Nach § 8b Abs. 1 KStG befreit Gewinnausschüttungen von in- und ausländischen Kapitalgesellschaften unter der Voraussetzung einer Mindestbeteiligungsquote von 10 % an der leistenden Kapitalgesellschaft und dem Einbezug in die Bemessungsgrundlage bei der leistenden Kapitalgesellschaft effektiv zu 95 %. In der Steuerbilanz ist der Ertrag vollständig erhalten. Außerbilanziell wird die Freistellung abgebildet. Nach § 8b Abs. 2 KSt...