Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
Rz. 436
Durch die Regelung des § 8d KStG will der Gesetzgeber der Notwendigkeit der Praxis Rechnung tragen, bei vorhandenen Verlustvorträgen auf Ebene der Körperschaft und einer Absicht der Weiterführung des Unternehmens z.B. durch einen neuen Investor, eine Fortführung des Verlustvortrags abweichend von § 8c KStG zu ermöglichen. Die Regelung des § 8d KStG steht allen Körperschaften offen.
Konzeptionell findet bei Antragstellung und Vorliegen der Voraussetzungen von § 8d KStG ein Austritt aus dem Regime des § 8c ohne Rückkehrmöglichkeit statt. Die Rechtsfolgen des § 8d bestehen darin, den zum Schluss des Veranlagungszeitraums des Beteiligungserwerbs vorhandenen Verlustvortrag vollständig in den fortführungsgebundenen Verlustvortrag (§ 8d Abs. 1 Satz 6 KStG) zu transformieren. Dieser wird verfahrensrechtlich gesondert festgestellt und kommt gem. § 8d Abs. 1 Satz 8 KStG vor dem nach § 10d Abs. 4 EStG festzustellenden allgemeinen Verlustvortrag der Körperschaft zum Abzug. Im Rahmen der Gewerbesteuer wird über § 10 Abs. 10 GewStG der Fortbestand gewerbesteuerlicher Fehlbeträge mit dem der jeweiligen Verlustverrechnungsregelung nach dem KStG verknüpft (s.a. Rdn 432). Im System des § 8d KStG kann der fortführungsgebundene Verlustvortrag später untergehen. Der Gesetzgeber hat in § 8d Abs. 2 Satz 1 und 2 KStG bestimmte schädliche Ereignisse definiert, die dies bewirken. Zu diesen schädlichen Ereignissen gehört, dass der Geschäftsbetrieb ruhend gestellt (Nr. 1), einer andersartigen Zweckbestimmung zugeführt wird (Nr. 2), die Körperschaft einen zusätzlichen Geschäftsbetrieb aufnimmt (Nr. 3), die Körperschaft sich an einer Mitunternehmerschaft beteiligt (Nr. 4), die Körperschaft die Stellung eines Organträgers einnimmt (Nr. 5) oder auf die Körperschaft Wirtschaftsgüter übertragen werden, die zu einem geringeren als dem gemeinen Wert angesetzt werden (Nr. 6). § 8d Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 KStG verweist im Sinne einer Rückausnahme auf die stille Reserven Klausel des § 8c KStG. Bei einem schädlichen Ereignis verfällt im Grundsatz derjenige Teil des fortführungsgebundenen Verlustvortrags nicht, welcher durch stille Reserven der Körperschaft abgedeckt wird.
Rz. 437
Um das System des fortführungsgebunden Verlustvortrags in Anspruch zu nehmen, muss die Körperschaft einen Antrag stellen und seit der Gründung oder innerhalb der letzten drei Veranlagungszeiträume vor dem schädlichen Beteiligungsübergang über einen unveränderten Geschäftsbetrieb verfügen. Ferner darf kein schädliches Ereignis i.S.d. § 8d Abs. 2 KStG eingetreten sein. Der Antrag ist zusammen mit der Steuererklärung für das Wirtschaftsjahr zu stellen, in das der schädliche Beteiligungserwerb fällt.
Nach dem gesetzlichen Regelungskonzept wird die Möglichkeit der Verlustfortführung trotz eines schädlichen Beteiligungswechsels an das qualitative Merkmal geknüpft, dass der Geschäftsbetrieb der Gesellschaft weitgehend unverändert bleiben muss. Ob dies verfassungsgemäß ist, hat das BVerfG ausdrücklich offen gelassen.
Die Abzugsbeschränkung des § 8c KStG und das Regime des § 8d KStG sind auf alle nicht ausgeglichenen und nicht abgezogenen negativen Einkünfte aus anderen Verlustverrechnungskreisläufen ebenfalls anwendbar (s. § 2a EStG, § 15 Abs. 4 EStG, § 15a EStG und § 15b EStG. Durch den Übergang in das System des fortführungsgebunden Verlustvortrags sind auch die Verlustvorträge aus den besonderen Verlustverrechnungskreisläufen erfasst und bei Auftreten eines Ereignisses gem. § 8d Abs. 2 KStG geht der fortführungsgebundene Verlustvortrag unter.
Auf Grund der schwierigen und sehr restriktiven Voraussetzungen (z.B. pauschaler Ausschluss sämtlicher Sachverhalte mit Berührung zu einer steuerlichen Organschaft) hat die Vorschrift in der Praxis bislang wenig Bedeutung entfalten können. Die vom Gesetzgeber mit Aufnahme der Vorschrift verknüpften Ziele dürften damit bislang unerfüllt geblieben sein.