Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
Rz. 246
Schließlich kennt das Ertragsteuerrecht im Zusammenhang mit der Besteuerung von Mitunternehmerschaften noch sog. Ergänzungsbilanzen, die von den Sonderbilanzen der Gesellschafter zu unterscheiden sind. Ergänzungsbilanzen werden erforderlich, soweit handelsrechtlich eine Übernahme der "neuen" steuerlichen Werte in der Handelsbilanz der Gesellschaft nach GoB nicht zulässig oder – wenn nicht zwingend – nicht erwünscht ist. Zu den typischen Anwendungsfällen gehören neben den Einbringungen i.S.d. § 24 UmwStG namentlich der entgeltliche Erwerb eines Mitunternehmeranteils, die Übertragung von Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG sowie die Fälle der Inanspruchnahme personenbezogener Steuervergünstigungen (z.B. § 6b EStG) durch einzelne Gesellschafter.
Dabei unterscheidet man zwischen sog. positiven und sog. negativen Ergänzungsbilanzen. In sog. positiven Ergänzungsbilanzen werden Mehrwerte hinsichtlich des Kapitalkontos in der Gesamthandelsbilanz erfasst. Die Aktivseite der Ergänzungsbilanz weist in diesem Fall die positiven Wertdifferenzen quotal verteilt auf die einzelnen Wirtschaftsgüter der Gesellschaftsbilanz aus, während sich auf der Passivseite das Mehr(eigen-)kapital des Mitunternehmers wiederfindet. Liegen demgegenüber die Anschaffungskosten unter dem ihm zugewiesenen Kapitalanteil in der Gesamthandsbilanz, ist eine sog. negative Ergänzungsbilanz zu bilden.
Beispiel
An der AB-OHG sind A und B zu je 50 % beteiligt. Der Buchwert der Aktiva der AB-OHG beträgt 500.000,00 EUR, deren Teilwert 700.000,00 EUR; es bestehen keine Schulden. Käufer K erwirbt die Beteiligung des Altgesellschafters A für 350.000,00 EUR. Die Handels- und die Steuerbilanz der AG-OHG bleiben unverändert, an die Stelle des Kapitalkontos des A tritt das Kapitalkonto von K.
Steuerbilanz AB-OHG |
Aktiva |
500.000,00 EUR |
Kapital A (= K) |
250.000,00 EUR |
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Kapital B |
250.000,00 EUR |
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500.000,00 EUR |
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500.000,00 EUR |
Die Ergänzungsbilanz des K sieht wie folgt aus:
Positive Ergänzungsbilanz Erwerber K |
Geschäfts- und Firmenwert |
50.000,00 EUR |
Mehrkapital K |
100.000,00 EUR |
Buchwert der Aktiva |
50.000,00 EUR |
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100.000,00 EUR |
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100.000,00 EUR |
Das Gesamtkapital des K beträgt 350.000,00 EUR (250.000,00 EUR laut Steuerbilanz plus 100.000,00 EUR laut Ergänzungsbilanz), das entspricht dem Kaufpreis, also seinen Anschaffungskosten. Die stillen Reserven der Aktiva werden nur zu 50 % aufgedeckt, da K nur einen Anteil von 50 % am Kapital der Gesellschaft hat.