Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
aa) Einkommensteuer und Gewerbesteuer bei Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaften
Rz. 252
Die Grundform der gewerblichen Betätigung/Einkünfteerzielung ist das Einzelunternehmen, welches durch eine natürliche Person auf eigenen Namen sowie Rechnung geführt wird. Die gewerblichen Einkünfte aus einem Einzelunternehmen werden bei der Einkommensteuer zusammen mit den weiteren Einkünften nach den persönlichen Verhältnissen des Einzelunternehmers besteuert. Der Steuersatz (hier als sog. "Grenzsteuersatz" zu verstehen) beträgt bei Einzelveranlagung des Unternehmers ab einem zu versteuernden Einkommen von 62.809,00 EUR (2023) für hinzukommendes steuerpflichtiges Einkommen 42 % zzgl. Solidaritätszuschlag (5,5 % der Einkommensteuer) und zzgl. Kirchensteuer, soweit diese anfällt (ca. 8–9 % je nach Konfession und Landeskirche). Ab einem zu versteuernden Einkommen von 277.826,00 EUR (2023) beträgt der Einkommensteuertarif für hinzukommendes steuerpflichtiges Einkommen 45 % zzgl. Solidaritätszuschlag (5,5 % der Einkommensteuer) und zzgl. Kirchensteuer, soweit diese anfällt.
Rz. 253
Zusätzlich fällt Gewerbesteuer an. Die Gewerbesteuer beträgt 3,5 % des Gewinns für gewerbesteuerliche Zwecke ("Gewerbesteuermessbetrag") multipliziert mit dem individuellen Hebesatz der Stadt/Gemeinde, in der Betriebsstätten unterhalten werden. Bei Betriebsstätten in mehreren Städten/Gemeinden erfolgt eine Gewerbesteuerzerlegung. Für Belastungsrechnungen wird in der Regel auf einen Gewerbesteuerhebesatz von 400 % abgestellt, wenngleich der tatsächliche Hebesatz in vielen Fällen höher ist. Bei einem Hebesatz von 400 % beträgt die Belastung mit Gewerbesteuer 14 %.
Rz. 254
Die Gewerbesteuer ist nach § 35 EStG im Rahmen eines pauschalierten Verfahrens auf die Einkommensteuer anrechenbar ("Gewerbesteueranrechnung"). Konkret ermäßigt sich die Einkommensteuer um das 4fache des Gewerbesteuermessbetrags, höchstens jedoch um die tatsächliche Gewerbesteuer (zu Einzelheiten s. Rdn 292 ff.). Bei einem Gewerbesteuerhebesatz von 400 % und einem Gewinn von 100 Punkten reduziert sich die Einkommensteuer durch die pauschale Gewerbesteueranrechnung von grds. 45 Punkten (bei Anwendung des Spitzensteuersatzes) um 14 Punkte auf 31 Punkte. Die Gesamtbelastung als Summe aus Gewerbesteuer (14 Punkte bei einem Hebesatz von 400 %) und Einkommensteuer (31 Punkte nach Gewerbesteueranrechnung) beträgt dann 45 Punkte, worauf zusätzlich noch Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer zu berechnen sind. Bei höheren Gewerbesteuerhebesätzen steigt die Gesamtbelastung, da die Gewerbesteueranrechnung durch die Pauschalierung begrenzt ist und keine Vollanrechnung erfolgt.
Rz. 255
Für nicht entnommene Gewinne kann auf Antrag ein reduzierter Einkommensteuersatz nach § 34a EStG in Höhe von 28,25 % in Anspruch genommen werden (zu Einzelheiten s. Rdn 285 ff.). Da die Einkommensteuer privat geschuldet wird, muss sie in der Regel aus dem Unternehmen entnommen werden. Folglich musste bisher für Belastungsrechnungen aus Objektivierungsgründen davon ausgegangen werden, dass die Einkommensteuer auf den Unternehmensgewinn (unter Berücksichtigung des reduzierten Einkommensteuersatz nach § 34a EStG) entnommen wird. Damit konnte grds. nur ein Teil des Gewinns begünstigt besteuert werden. Der langjährigen Kritik aus Wissenschaft und Praxis an diesem "systematischen" Mangel hat der Gesetzgeber nunmehr aber Rechnung getragen und das Gesetz entsprechend angepasst (zu Einzelheiten s. Rdn 285 ff.).
Rz. 256
Auf Grund der Anwendung des von der Einkommensverwendung unabhängigen Einkommensteuertarifs löst die Entnahme von Liquidität aus einem Einzelunternehmen in das Privatvermögen des Unternehmens im Normalfall keine Besteuerung aus. Ausnahme sind Sondersachverhalte, bei denen in der Vergangenheit der reduzierte Einkommensteuersatz nach § 34a EStG auf einbehaltene Gewinne in Anspruch genommen wurde.
Rz. 257
Gewinne, die eine natürliche Person aus einer Beteiligung an Personengesellschaft erzielt, unterliegen – sofern die Personengesellschaft nicht zur Körperschaftsteuer optiert – aufgrund des sog. Transparenzprinzip bei Personengesellschaften der Einkommensteuer. Die Belastungswirkungen auf den Gewinnanteil entsprechen den vorgenannten Steuerbelastungen für Einzelunternehmen.