Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
aa) Steuerschuldner
Rz. 315
Die Betriebe des Einzelunternehmers und – anders als bei der Einkommensteuer – der Personengesellschaft als solche unterliegen der Gewerbesteuer (§ 2 Abs. 1 GewStG), wenn die Einkünfte einkommensteuerlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 EStG zu qualifizieren sind. Freiberufliche Betriebe sowie Betriebe der Land- und Forstwirtschaft werden nicht mit der Gewerbesteuer belegt.
Die Gewerbesteuer ist eine Objektsteuer, die an einen stehenden Gewerbebetrieb im Inland anknüpft und deren Aufkommen den Kommunen zusteht. Sie wird mit dem Äquivalenzgedanken gerechtfertigt, nach dem der Betrieb die Steuer aufgrund der genutzten Infrastrukturmöglichkeiten der Kommune zu entrichten hat. Der Rechtsträger des Gewerbebetriebs ist grds. auch Schuldner der Gewerbesteuer, d.h. beim Einzelunternehmen der Unternehmer und bei der Personengesellschaft die Personengesellschaft.
bb) Ermittlung des Gewerbeertrags
Rz. 316
Der einkommensteuerliche Gewinn aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG ist Ausgangsgröße für den Gewerbeertrag nach § 7 Satz 1 GewStG. Hinzu kommen ertragsunabhängige Hinzurechnungen gem. § 8 GewStG, z.B. für Schuldzinsen und Miet- und Pachtentgelte. Ferner sind bestimmte Kürzungen in § 9 GewStG vorgesehen. Seit dem VZ 2008 stellen die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen eine nicht abzugsfähige Betriebsausgabe dar (§ 4 Abs. 5b EStG). Die Gewerbesteuer hat an relativer Bedeutung für die ertragsteuerliche Gesamtbelastung gewonnen, da die Einkommensteuerschuld mit sinkenden Steuersätzen abnimmt, die Gewerbesteuerbelastung aber weitgehend unverändert geblieben ist (vgl. Rdn 247).
Rz. 317
Veräußerungsgewinne aus der Übertragung von Betrieben und Teilbetrieben (§§ 7 Satz 1 GewStG, 18 Abs. 3 UmwStG): Die Veräußerung eines Gewerbebetriebs einer natürlichen Person oder Personengesellschaft unterliegt grds. nicht der Gewerbesteuer. Veräußerungsgewinne gem. § 16 EStG, die in laufende Gewinne umqualifiziert werden, sind nach der allgemeinen Regel des § 7 Satz 1 GewStG (unter Umständen auch gem. § 18 Abs. 3 Sätze 1 und 2 UmwStG) jedoch steuerbar. Schuldner der Gewerbesteuer ist der Unternehmer (§ 5 Abs. 1 Satz 1 GewStG). Dies ist auch einschlägig bei der Veräußerung einer Sachgesamtheit "an sich selbst" i.S.d. § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG, da der hieraus resultierende Veräußerungsgewinn als laufender Gewinn fingiert wird. Diese Fiktion soll nach Verwaltungsauffassung ebenfalls für Zwecke der Gewerbesteuer gelten.
cc) Freibetrag und Staffeltarif
Rz. 318
Natürlichen Personen steht gem. § 11 GewStG ein Freibetrag i.H.v. 24.500,00 EUR zu. Die Steuermesszahl wurde durch das UntStRefG 2008 auf 3,5 % abgesenkt (§ 11 Abs. 2 GewStG). Der frühere Staffeltarif für kleine Gesellschaften wurde abgeschafft.
dd) Verlustvorträge nach § 10a GewStG
(1) Voraussetzungen des § 10a GewStG
Rz. 319
Nach § 10a Satz 1 GewStG wird der Gewerbeertrag eines Erhebungszeitraums um Verlustvorträge aus früheren Erhebungszeiträumen gekürzt, die nach den Regeln der §§ 7–10 GewStG ermittelt worden sind. Zu unterscheiden sind damit das Verlustentstehungsjahr, in dem ein negativer Gewerbeertrag vorliegen muss und das Verlustabzugsjahr, in dem der Fehlbetrag nach § 10a GewStG abgezogen werden kann.
Voraussetzung für einen Verlustabzug ist das Bestehen von Unternehmensidentität. Im Anrechnungs- und Abzugsjahr muss der Gewerbebetrieb identisch sein. Daneben ist Unternehmeridentität notwendig. Der Steuerpflichtige, der den Verlustabzug in Anspruch nimmt, muss den Gewerbeverlust zuvor in eigener Person erlitten haben. Er muss sowohl zur Zeit der Verlustentstehung als auch im Jahre der Entstehung des positiven Gewerbeertrags Unternehmensinhaber gewesen sein. Das Recht auf den Verlustabzug nach § 10a GewStG trägt somit nicht der Gewerbebetrieb, sondern der einzelne Unternehmer.
Hinweis
Eine Saldierung der Gewerbeerträge zwischen verschiedenen Betrieben eines Unternehmers ist nur möglich, wenn eine (körper- und gewerbesteuerliche) Organschaft besteht. Einen Verlustrücktrag sieht das GewStG nicht vor.
(2) Gewerbesteuerliche Mindestbesteuerung
Rz. 320
Die Regelungen zur Mindestbesteuerung werden gem. § 10a GewStG auch bei der Gewerbesteuer angewandt. Dies bedeutet, dass seit dem VZ 2004 bei Bestehen von Verlustvorträgen ein Sockelbetrag von max. 1.000.000,00 EUR ohne Begrenzung vom Gewerbeertrag des laufenden Erhebungszeitraums abgezogen werden kann. Von einem danach noch vorhandenen Verlustvortrag kann ein weiterer Betrag bis zur Höhe von 60 % des verbleibenden positiven Gewerbeertrags abgezogen werden. Ist der Verlustvortrag dann noch nicht verbraucht, wird er in den nächsten VZ vorgetragen. Mit dem Wachstumschancengesetz 2023 wurde die Verlustnutzungsquote in § 10a GewStG temporär von 60 % auf 70 % für die Veranlagungszeiträume 2024 bis einschließlich 2027 angehoben.