Rz. 135

Bereits abstrakt nicht aktivierungsfähig sind Ausgaben an einen Dritten, die nicht als Erwerb einer zumindest immateriellen Vermögensposition qualifiziert werden können. Wenngleich § 248 Abs. 2 HGB mittlerweile ein Aktivierungswahlrecht für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände eröffnet, reicht die an einen Dritten geleistete Ausgabe für sich genommen nicht aus. Deshalb sind Zahlungen an eine Werbeagentur für einen Reklamefeldzug nicht aktivierungsfähig.[267] Hier fehlt es bereits an einem Vermögensgegenstand. Für die bilanzielle Entgeltlichkeit mit der Folge der Aktivierungspflicht ist erforderlich, dass die Aufwendungen Gegenleistung für einen betrieblichen Vorteil sind. Nötig ist ein Leistungsaustausch (Kauf, Tausch, gesellschaftsrechtlicher Vorgang). Deshalb scheiden betriebliche Vorteile aufgrund einseitiger Erwartungen des Leistenden aus dem Kreis der aktivierbaren Positionen aus.

 

Beispiel

Die A-GmbH unterhält einen Steinbruch. Für den Bau einer öffentlichen Straße leistet sie einen Zuschuss, um die Ortsdurchfahrt vom Schwerlastverkehr zu entlasten.

Bei Zuschüssen kommt es darauf an, ob diese in einem schuldrechtlichen Zusammenhang mit einem entgeltlichen Leistungsaustausch stehen.[268] Hier führt die Benutzungsmöglichkeit der neu ausgebauten Straße zu keinem aktivierungsfähigen Vermögensgegenstand (Wirtschaftsgut), da die A-GmbH kein Sondernutzungsrecht erworben hat und es damit an einer konkreten (greifbaren) Gegenleistung, die über den allgemeinen Gemeingebrauch hinausgeht, fehlt.[269] Demgegenüber ist ein entgeltlicher Leistungsaustausch z.B. dann anzunehmen, wenn dem Pächter einer Gaststätte von einer Brauerei ein Zuschuss für die Einrichtung gewährt wird und der Pächter sich im Gegenzug verpflichtet, die Gaststätte mit dem Bier der Brauerei in den nächsten Jahren beliefern zu lassen (sog. Bierlieferungsvertrag). Hier ist das Bierlieferungsrecht als ein entgeltlich erworbener immaterieller Vermögensgegenstand des Anlagevermögens bei der Brauerei zu erfassen.

 

Rz. 136

Wie § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB zeigt, sind nicht alle Vermögensgegenstände bilanzrechtlich ipso iure aktivierungspflichtig. Für immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens statuiert die Vorschrift vorbehaltlich § 248 Abs. 2 Satz 2 HGB ein Aktivierungswahlrecht für selbst geschaffene immaterielle Anlagewerte, woraus dann im Zusammenspiel mit § 246 Abs. 1 HGB folgt, dass entgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände aktiviert werden müssen. Zu den immateriellen Vermögensgegenständen (vgl. § 266 Abs. 2 A I HGB) gehören neben den selbst geschaffenen gewerblichen Schutzrechten und ähnlichen Rechten und Werten v.a. entgeltlich erworbene Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte, ähnliche Rechte sowie Lizenzen an solchen Positionen. Demgegenüber sind selbstgeschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens (z.B. Gegenstände der Auftragsforschung oder zum Verkauf bestimmter EDV-Programme) handelsrechtlich generell aktivierungspflichtig.

 

Rz. 137

Wenn von dem Aktivierungswahlrecht Gebrauch gemacht wird, kommt es i.R.d. Bewertung der Herstellungskosten entscheidend auf die Trennung von Forschung und Entwicklung an. Für Forschungsarbeiten besteht ein Aktivierungsverbot. Es dürfen nur diejenigen Aufwendungen aktiviert werden, die bei der "Entwicklung" anfallen (§§ 255 Abs. 1 Satz 4, Abs. 2a Satz 1 HGB). Legaldefinitionen von Forschung und Entwicklung finden sich in § 255 Abs. 2a Satz 2 und Satz 3 HGB. Hilfestellung bei der Abgrenzung[270] bietet auch der RegE 2008 zum BilMoG,[271] wonach die Entwicklung zum "Zeitpunkt des Übergangs vom systematischen Suchen zum Erproben und Testen der gewonnen Erkenntnisse oder Fertigkeiten" beginnt. Soweit eine Trennung von Forschungs- und Entwicklungsphase nicht plausibel oder nachvollziehbar dargelegt werden kann, sind alle angefallenen Aufwendungen aufwandswirksam zu buchen (§ 255 Abs. 2a Satz 4 HGB). Dies ist Ausfluss des Vorsichtsprinzips.

 

Beispiel

Ein auf Nanotechnologie spezialisiertes Unternehmen hat eine Erfindung gemacht und erfolgreich patentieren lassen. Die Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen belaufen sich auf 500.000,00 EUR. Gem. § 248 Abs. 2 HGB können die Entwicklungskosten wahlweise aktiviert werden. Aufwendungen, die zwar wirtschaftlich mit der Erfindung zusammenhängen, aber der Forschung zuzuordnen sind (z.B. Löhne und für die Forschung verwendetes Material), dürfen nicht aktiviert werden. Wenn das Unternehmen das Patent entgeltlich veräußert, wird ein entsprechender Gewinn realisiert und der Erwerber hat das Patent als entgeltlich erworbenen Vermögensgegenstand mit den Anschaffungskosten zu aktivieren. Dagegen käme unter Zugrundelegung internationaler Rechnungslegungsstandards eine obligatorische Aktivierung zum Zuge (vgl. IAS 38.51 ff.).[272]

 

Rz. 138

Für Kapitalgesellschaften sieht § 268 Abs. 8 HGB in diesem Zusammenhang eine Ausschüttungssperre für aktivierte Beträge selbst erstellter immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens abz...

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