Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
aa) Verfahrensweise
Rz. 349
Der Gesamtgewinn einer Mitunternehmerschaft ist nach § 179 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO einheitlich und gesondert festzustellen. Der Gesamtgewinn stellt hierbei auch die Ausgangsgröße für die Ermittlung der Gewerbesteuer dar, welche von der Mitunternehmerschaft als Gewerbesteuersubjekt i.S.v. § 2 Abs. 1 GewStG gem. § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG geschuldet wird.
Die Einkünfte eines Mitunternehmers ergeben sich gem. § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 aus den Gewinnanteilen an der Gesellschaft (der Gewinnverteilungsschlüssel ist prinzipiell gesellschaftsvertraglich geregelt) und den Sondervergütungen (für eine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft, der Hingabe von Darlehen oder der Überlassung von Wirtschaftsgütern). Hieraus folgt das Vorgehen im Rahmen einer zweistufigen Gewinnermittlung.
Auf der ersten Stufe der Gewinnermittlung ist die Steuerbilanz der Gesellschaft aufzustellen, welche sich im Falle der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach Maßgabe der allgemeinen Gewinnermittlungsgrundsätze gem. §§ 4–7k EStG aus der Handelsbilanz ableitet. Zudem sind ggf. korrigierende Ergänzungsbilanzen für einzelne Gesellschafter aufzustellen. Auf der zweiten Stufe der Gewinnermittlung sind ggf. Sonderbilanzen zur Erfassung des Sonderbetriebsvermögens und der Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben für einzelne Gesellschafter zu erstellen. Die beiden Stufen der Gewinnermittlung sind sodann in der Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft zu addieren. Systematisch stellt sich diese wie folgt dar:
Ergebnis der Steuerbilanz der Personengesellschaft
+/-
Ergebnis etwaiger Ergänzungsbilanzen der Gesellschafter
+/-
Außerbilanzielle Korrekturen
=
Steuerbilanzergebnis der Personengesellschaft (erste Gewinnermittlungsstufe)
+/-
Ergebnis des Sonderbereichs der Gesellschafter (zweite Gewinnermittlungsstufe)
=
Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft (= Ausgangspunkt für die Ermittlung der GewSt)
bb) Ergänzungs- und Sonderbilanzen
(1) Ergänzungsbilanzen
Rz. 350
Ergänzungsbilanzen dienen der Korrektur einzelner Positionen aus der Gesamthandsbilanz, wenn dies aus steuerlichen Gründen für einzelne Gesellschafter erforderlich ist. In der Gesamthandsbilanz kann ein Wirtschaftsgut nur mit einem einheitlichen Wert ausgewiesen werden. Als Ausfluss des Transparenzprinzips sind der Besteuerung jedoch die individuellen steuerlichen Verhältnisse der einzelnen Gesellschafter zugrunde zu legen. So kann sich für einen oder mehrere Gesellschafter ein steuerlicher Wert eines bestimmten Wirtschaftsguts ergeben, der nicht deren Anteil am Bilanzansatz dieses Wirtschaftsguts im Gesamthandsvermögen entspricht. Durch die Ergänzungsbilanz erfolgt eine Korrektur, indem dort den betroffenen Wirtschaftsgütern Mehrwerte zugeschrieben oder Minderwerte abgezogen werden. Ein Mehrwert liegt vor, wenn der anteilige zutreffende Steuerwert des Wirtschaftsguts aufgrund individueller Gegebenheiten des Gesellschafters den anteiligen Gesamthandsbilanzwert des Wirtschaftsguts übersteigt, ein Minderwert liegt im umgekehrten Fall vor.
Im Gegensatz zur Sonderbilanz werden bei der Ergänzungsbilanz also keine Wirtschaftsgüter, sondern lediglich Wertkorrekturen dargestellt. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass nur für solche Wirtschaftsgüter Ergänzungsbilanzen gebildet werden, die im Eigentum der Gesamthand stehen.
Rz. 351
Zu den Anwendungsfällen, in denen Mehr- oder Minderwerte auftreten, gehören insbesondere der entgeltliche Gesellschafterwechsel, die Übertragung von Wirtschaftsgütern aus einem Sonderbetriebsvermögen oder auch dem Privatvermögen eines Gesellschafters in das Gesamthandsvermögen, die Inanspruchnahme personenbezogener Steuerermäßigungen und die Einbringung eines Einzelunternehmens oder einer Personengesellschaft in eine andere Personengesellschaft. Die Ergänzungsbilanzen der Gesellschafter sind Teil der Steuerbilanz der Gesamthand. Sie sind laufend fortzuschreiben, so dass sich Erfolgsauswirkungen ergeben können, z.B. durch Abschreibungen auf die Mehranschaffungskosten eines Wirtschaftsguts. Diese Ergebnisse korrigieren den aus der Gesamthandsbilanz ermittelten Gewinnanteil des Gesellschafters vor Berücksichtigung etwaiger Ergebnisse aus seinem Sonderbetriebsvermögen. Die Ergänzungsbilanz ist solange aufzustellen, wie noch Mehr- oder Minderwerte des Gesellschafters vorhanden sind. Sind diese abgeschrieben oder haben die Wirtschaftsgüter, für die beim Gesellschafter ein Mehr- oder Minderwert gebildet wurde, das Betriebsvermögen verlassen, ergibt sich für die Aufstellung einer Ergänzungsbilanz keine Notwendigkeit mehr. Sofern die Mitunternehmerschaft des betreffenden Gesellschafters durch entgeltliche Übertragung seiner Anteile oder der Beendigung der Personengesellschaft selbst endet, sind die Ergänzungsbilanzen...