Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
Rz. 424
Im Zusammenhang mit Veräußerungsvorgängen kann es zu verschiedenen Sonderkonstellationen kommen:
Ein unterjährig ausscheidender Gesellschafter partizipiert nicht mehr am Gewerbesteuermessbetrag für den Erhebungszeitraums (Rdn 376). Dies bedeutet für den ausscheidenden Gesellschafter eine erhebliche Mehrbelastung, da er zwar die laufenden Gewinne mit Einkommensteuer versteuern muss, ihm aber kein Anrechnungsbetrag nach § 35 EStG mehr zusteht. Die Anrechnungsmöglichkeit steht den verbleibenden Gesellschaftern zu. Ein Anrechnungspotential entfällt darüber hinaus, soweit eine Kapitalgesellschaft den Anteil erwirbt, da die Kapitalgesellschaft nicht anrechnungsberechtigt ist. Insoweit können ggf. Ausgleichsvereinbarungen zwischen Veräußerer und Erwerber im Rahmen der Kaufpreisfindung zur Abbildung der Besonderheiten der Gewerbesteueranrechnungen aufgenommen werden. Vorzuziehen ist indes, den Veräußerungszeitpunkt so zu vereinbaren, dass eine Anrechnung erhalten bleibt. Dies kann bei Veräußerung durch natürliche Personen z.B. der 1.1. eines Jahres sein.
Rz. 425
Bei gewerbesteuerpflichtige Anteilsveräußerungen wird die Personengesellschaft als Steuerschuldnerin mit Gewerbesteuer auf den Veräußerungsvorgang belastet (vgl. Rdn 417 f.). Der Veräußerungs- und Aufgabegewinn des ausscheidenden Gesellschafters beeinflusst den allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel als Aufteilungsmaßstab für die Verteilung des Anrechnungsvolumens allerdings nicht. Insbesondere wird der Teil des Gewerbesteuermessbetrages, der auf den Veräußerungsgewinn entfällt, nicht dem Veräußerer zur Gewerbesteueranrechnung zugerechnet, sondern nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel verteilt. Auch die zivilrechtliche Übernahme der auf einen Veräußerungsgewinn entfallenden Gewerbesteuer im Kaufvertrag wirkt sich nicht auf die Verteilung des Anrechnungsbetrags aus.
Rz. 426
Veräußert eine Kapitalgesellschaft ihren gesamten Mitunternehmeranteil nach § 7 Satz 2 GewStG oder einen Teil-Mitunternehmeranteil gem. § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG i.V.m. § 7 Satz 1 GewStG, fällt auf der Ebene der Personengesellschaft als Schuldnerin Gewerbesteuer für die Veräußerungsgewinne an. Bei einem gemischten Gesellschafterkreis in der Personengesellschaft aus kapitalmäßig beteiligten Kapitalgesellschaften und natürlichen Personen kann bspw. folgender Effekt auftreten: Die Veräußerung des Anteils oder Teil-Mitunternehmeranteils der Kapitalgesellschaft führt zu erhöhtem Anrechnungsvolumen, von dem bei einer unterjährigen Veräußerung nur die natürlichen Personen profitieren, da dieses nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zum Ende des Erhebungszeitraums zu verteilen ist (s. Rdn 376). In der Summe der positiven gewerblichen Einkünfte und der Summe aller positiven Einkünfte der natürlichen Personen ist der Veräußerungsgewinn nach Tz. 33 des BMF-Schreibens vom 3.11.2016 indes nicht enthalten, was im Ergebnis zu einem Anrechnungsüberhang führen kann.