Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
aa) Mindestbesteuerung
Rz. 432
Auf Ebene der Kapitalgesellschaft sind die Vorschriften zur Mindestbesteuerung wie bei den Einzelunternehmern und Mitunternehmerschaften anzuwenden. Der Verlustabzug der Kapitalgesellschaft gem. § 10d EStG wird auf einen Sockelbetrag und einen verrechenbaren Betrag beschränkt. Dies gilt auch bei der Gewerbesteuer in § 10a GewStG (s.a. oben Rdn 320). Die körperschaftsteuerliche Mindestbesteuerung verstößt in ihrer Grundkonzeption einer zeitlichen Streckung des Verlustvortrags nicht gegen Verfassungsrecht, jedoch bestehen für bestimmte Fallkonstellationen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit.
bb) Untergang von Verlusten nach § 8c KStG
(1) Tatbestandsmerkmale/Rechtsfolgen
Rz. 433
Das KStG schränkt bei einem Wechsel der Anteilseigner einer Körperschaft den Abzug von Verlustvorträgen aus der Vergangenheit unter gewissen Voraussetzungen ein.
Zunächst sah § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG a.F. als "Grundstufe" einen quotalen Untergang des Verlustabzugs bei Übertragung von mehr als 25 % bis 50 % der Anteile oder Stimmrechte innerhalb von 5 Jahren vor. Diese Norm wurde allerdings als verfassungswidrig erklärt. Mit dem "JStG 2018" wurde insofern eine Neuregelung des § 8c KStG verabschiedet, welche ausschließlich den Verlustuntergang bei Übertragung von mehr als 50 % der Anteile, Gewinnbezugsrechte, Stimmrechte oder sonstigen Gesellschafterrechte innerhalb eines Fünf-Jahreszeitraums beinhaltet. Die Finanzverwaltung hat zu Einzelfragen der Anwendung von § 8c KStG ihre Rechtsauffassung in dem BMF-Schreiben vom 28.11.2017 veröffentlicht (Rechtsstand vor den Änderungen des "JStG 2018"). Die aktuelle Regelung beinhaltet folgende Eckpunkte:
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Ein vollständiger Untergang des Verlustabzugs tritt bei der Übertragung von mehr als 50 % der Anteile, Gewinnbezugsrechte, Stimmrechte oder sonstigen Gesellschafterrechte innerhalb eines Fünf-Jahreszeitraums ein. |
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Der schädliche Anteilseignerwechsel kann mittelbar und unmittelbar erfolgen. |
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Der Erwerb der Anteile durch eine Erwerbergruppe mit gleichgerichteten Interessen ist ebenfalls schädlich, wenn insgesamt durch die Erwerbergruppe mehr als 50 % innerhalb des Fünf-Jahreszeitraums erworben werden. Wann eine "Erwerbgruppe" in diesem Sinne vorliegt und wann nicht, ist allerdings nicht abschließend geklärt. |
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Die Abzugsbeschränkung gem. § 8c KStG ist auf alle nicht ausgeglichenen und nicht abgezogenen negativen Einkünfte (nicht genutzte Verluste) anwendbar und umfasst ferner die Verluste nach §§ 2a, 10d (Verlustvor- und -rücktrag), 15 Abs. 4, 15a und 15b EStG. Es gehen auch ein (anteiliger) Zinsvortrag (§ 8a Abs. 1 Satz 3 KStG) und ein (anteiliger) vortragsfähiger Gewerbeverlust unter (§ 10a Satz 8 GewStG). |
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Eine korrespondierende Regelung für die Gewerbesteuer mit Verweis auf § 8c KStG findet sich in § 10a Satz 10 GewStG. |
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§ 8c Abs. 1 KStG berücksichtigt Ausnahmen für Konzernsachverhalte (sog. "Konzernklausel" nach § 8c Abs. 1 Satz 4 KStG; vgl. nachfolgend Rdn 434). Ferner geht ein Verlustvortrag nicht unter, soweit die Kapitalgesellschaft, bei der der Verlustvortrag besteht, über stille Reserven in ihrem Betriebsvermögen verfügt (sog. "stille Reserven-Klausel" nach § 8c Abs. 1 Satz 5 f. KStG; vgl. nachfolgend Rdn 434). |
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Schließlich kann über die Regelung des § 8d KStG ein Verlustuntergang auf Antrag vermieden werden, wenn keine Änderung des Geschäftsbetriebs der Körperschaft stattgefunden hat oder kurzfristig geplant ist. Die Vorschrift findet auf schädliche Beteiligungserwerbe i.S.d. § 8c KStG Anwendung, die nach dem 31.12.2015 erfolgen und bei denen der Geschäftsbetrieb der Körperschaft vor dem 1.1.2016 weder eingestellt noch ruhend gestellt war (§ 34 Abs. 6a KStG). |
(2) Anteilsübertragungen
Rz. 434
Entgeltliche Anteilsübergänge unterfallen unzweifelhaft dem Regelungsgegenstand der Vorschrift. Der Begriff des Anteilsübergangs ist zivilrechtlich zu verstehen. Es werden auch mittelbare Anteilseignerwechsel erfasst. Die Konzernklausel des § 8c Abs. 1 Satz 4 KStG definiert Ausnahmen von einen schädlichen Beteiligungserwerb, wenn (Nr. 1) an dem übertragenden Rechtsträger der Erwerber zu 100 % mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist, (Nr. 2) an dem übernehmenden Rechtsträger der Veräußerer zu 100 % mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist oder (Nr. 3) an dem übertragenden und dem übernehmenden Rechtsträger dieselbe natürliche oder juristische Person oder dieselbe Personenhandelsgesellschaft zu jeweils 100 % mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist. Die Stille-Reserven-Klausel verlangt, dass der an sich aufgrund des Beteiligungserwerbs nicht abziehbare Verlust die stillen Reserven des inländischen Betriebsvermöge...