Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
Rz. 379
Praktisch hohe Relevanz hat die Besteuerung des unentgeltlichen Übergangs von Anteilen an Personengesellschaften/Mitunternehmerschaften. Primärer Anwendungsfall sind Anteilsschenkungen und Erbfälle, in deren Rahmen Anteile übergehen. Teilweise können auch bestimmte gruppeninterne Umstrukturierungsmaßnahmen unter die Vorschriften für unentgeltliche Übertragungen von Anteilen an Personengesellschaften fallen, sofern man die Steuerneutralität solcher Maßnahmen nicht nach anderen Normen begründet.
Maßgebliche Vorschrift ist § 6 Abs. 3 EStG. § 6 Abs. 3 EStG erlaubt eine Steuerneutralität für unentgeltliche Übertragungen von Mitunternehmeranteilen unter bestimmten Voraussetzungen. Notwendig ist, dass ein Mitunternehmeranteil übertragen wird und die Übertragung unentgeltlich erfolgt. Zum Mitunternehmeranteil gelten die oben unter Rdn 304 dargestellten Kriterien; ebenso wird zur Frage der Unentgeltlichkeit auf Rdn 305 verwiesen.
Übertragende und Aufnehmende können grds. natürliche Personen, Mitunternehmerschaften und Kapitalgesellschaften sein. In den weit überwiegenden Fällen geht es aber um Übertragungen zwischen natürlichen Personen. Folgende Aspekte sind für die übrigen Personenkreise (Kapitalgesellschaften/Stiftungen/Personengesellschaften) zu beachten:
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Für Übertragungen auf Kapitalgesellschaften bzw. von Kapitalgesellschaften gelten für unentgeltliche Übertragungen in der Regel vorrangig die Grundsätze der verdeckten Einlage und verdeckten Gewinnausschüttung, d.h. die Anwendung von § 6 Abs. 3 EStG wird in der Regel davon überlagert. Eine Ausnahme gilt für die oben erwähnten Umstrukturierungssachverhalte, z.B. die Verschmelzung einer Tochterpersonengesellschaft auf die zu 100 % beteiligte Mutterkapitalgesellschaft, sofern § 6 Abs. 3 EStG als Rechtsgrundlage herangezogen wird. Die Anwendung der Grundsätze von verdeckten Gewinnausschüttungen und verdeckten Einlagen gilt auch, wenn eine unentgeltliche Übertragung von oder auf eine Personengesellschaft erfolgt, an der Kapitalgesellschaften beteiligt sind. Auf Grund der "Transparenz" der Personengesellschaft wird dann auf die dahinterstehenden Gesellschafter geschaut. |
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Stiftungen können aufnehmende Rechtsträger bei Übertragungen nach § 6 Abs. 3 EStG sein. Dies gilt aber nur, wenn ein gesamter Mitunternehmeranteil übertragen wird. Für die Übertragung eines Teils eines Mitunternehmeranteils auf eine Stiftung ist § 6 Abs. 3 EStG nach Verwaltungsauffassung nicht anwendbar (Umkehrschluss aus § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2). Insofern ist bei entsprechendem Übertragungsbedarf durch vorhergehende Gestaltungen (z.B. Einbringung des Teilmitunternehmeranteils in eine vorgeschaltete Personen- oder Kapitalgesellschaft, die dann insgesamt übertragen wird) oder durch Herstellung einer zeitlichen Reihenfolge (Übertragung von Teilanteilen auf natürliche Personen und des verbleibenden, dann "ganzen" Mitunternehmeranteils auf die Stiftung) den Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG Rechnung zu tragen. Darüber hinaus sind Besonderheiten bei Übertragungen auf gemeinnützige Stiftungen zu beachten. Eine steuerneutrale Übertragung eines Mitunternehmeranteils auf eine gemeinnützige Stiftung ist möglich, soweit die Mitunternehmerschaft gewerblich tätig ist und bei der gemeinnützigen Stiftung durch den Mitunternehmeranteil ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb begründet wird. Demgegenüber soll nach Verwaltungsauffassung eine Aufdeckung stiller Reserven erfolgen, wenn der auf die Stiftung übertragene Mitunternehmeranteil an einer lediglich gewerblich geprägten Personengesellschaft besteht. Auch insoweit sollte nach der hier vertretenen Auffassung jedoch das Buchwertprivileg nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 als Auffangnorm einschlägig sein. |
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Ein Nießbrauchsvorbehalt steht der Anwendung von (§ 6 Abs. 3 EStG) nicht entgegen (Tz. 7). Nur bei einer Übertragung eines im Ganzen verpachteten Einzelunternehmens unter Nießbrauchsvorbehalt ist nach dem BFH-Urt. v. 25.1.2017 (X R 59/14, BStBl II 2019, S. 730) eine Anwendung von § 6 Abs. 3 EStG ausgeschlossen. |
Rz. 380
Eine begünstigte Übertragung eines Mitunternehmeranteils i.S.v. § 6 Abs. 3 EStG setzt – soweit die vorstehend dargestellte Tatbestandsmerkmale erfüllt werden – im Übrigen grds. voraus, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen im Gesamthands- und Sonderbetriebsvermögen mit übertragen werden. § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG lässt dazu als Ausnahme zu, dass wesentliche Betriebsgrundlagen im Sonderbetriebsvermögen des übertragenden Mitunternehmers auch zurückbehalten werden können, wenn sie weiterhin zum (Sonder-)Betriebsvermögen der entsprechenden Mitunternehmerschaft gehören. Dies bedeutet, dass der übertragenden Mitunternehmer zumindest in geringem Umfang als Mitunternehmer an der Personengesellschaft beteiligt bleiben muss, damit weiterhin Sonderbetriebsvermögen bei ihm vorliegen kann. Mit der "Ausnameregelung" in § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG ist eine fünfjährige Behaltefrist für den erhaltenen Mitunternehmeranteil verknüpft...