Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
(1) Vermögensverwaltende Personengesellschaft und Zebragesellschaft
Rz. 358
Bei den vermögensverwaltenden Personengesellschaften, die Überschusseinkünfte erzielen, ist die Personengesellschaft ebenfalls Subjekt der Einkünfteerzielung, sodass auf Ebene der Personengesellschaft die gemeinschaftlich erzielten Einkünfte einheitlich und gesondert festzustellen sind (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO i.V.m. § 180 Abs. 2 AO). Auch hier erfolgt die Zurechnung der Einkünfte anhand des Gewinnverteilungsschlüssels.
Rz. 359
Die vermögensverwaltende Personengesellschaft ist ertragsteuerlich transparent. Die in der Personengesellschaft gehaltenen Wirtschaftsgüter und Verbindlichkeiten werden im Rahmen einer Bruchteilsbetrachtung den Gesellschaftern zugerechnet. Stellt ein Gesellschafter der vermögensverwaltenden Personengesellschaft Liquidität als Darlehen zur Verfügung, so ist dieses Darlehen aufgrund der Volltransparenz der Gesellschaft in Höhe seiner Beteiligungsquote "nicht existent". Aufwendungen und Erträge aus dem Darlehen sind nur insoweit zu berücksichtigen, wie diese anteilig auf andere Gesellschafter entfallen.
Rz. 360
Erbschaftsteuerlich sind Strukturen mit vermögensverwaltenden Personengesellschaften kritisch zu prüfen, da die Gefahr besteht, dass Steuerbefreiungen nach §§ 13a, 13b ErbStG verneint werden, wenn ansonsten begünstigtes Betriebsvermögen (insbesondere qualifizierte Anteile an Kapitalgesellschaften) über eine solche Struktur gehalten wird. Die Eintragung der vermögensverwaltenden Gesellschaft in das Handelsregister ist nicht ausreichend zur Inanspruchnahme der erbschaftsteuerlichen Begünstigungen.
Rz. 361
Für doppelstöckige Strukturen gilt:
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Vermögensverwaltende Ober- und gewerbliche Unterpersonengesellschaft: Ist eine vermögensverwaltende Personengesellschaft an einer gewerblichen Unter-Personengesellschaft beteiligt, ist in § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1, 2. Alt. EStG festgelegt worden, dass die Einkünfte der Obergesellschaft in gewerbliche Einkünfte umzuqualifizieren sind. Der BFH hat klargestellt, dass eine Abfärbung auch bei geringfügigen Beteiligungsumfang eintrete und § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1, 2. Alt. EStG ohne Geringfügigkeitsgrenze verfassungsgemäß sei. Eine Aufwärtsabfärbung für gewerbesteuerliche Zwecke verneint der BFH allerdings, so dass ein gewerbliches Unternehmen i.S.v. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1, 2. Alt. EStG nicht als stehender Gewerbebetrieb i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG gelte und somit nicht gewerbesteuerpflichtig sei. Mit dem JStG 2019 wurde § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG dahingehend ergänzt, dass eine Abfärbung auch bei Verlusten bzw. negativen gewerblichen Einkünften eintritt. |
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Zebragesellschaft: Ist an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft mit Überschusseinkünften ein Gesellschafter beteiligt, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt (z.B. eine Kapitalgesellschaft), so sind die Überschusseinkünfte auf Ebene der Personengesellschaft (z.B. Mieteinkünfte) beim Gesellschafter in gewerbliche Einkünfte umzuqualifizieren. Diese Gesellschaften werden Zebragesellschaften genannt. Folge ist, dass auf Ebene der Zebragesellschaft die betriebliche Beteiligung keine Rolle spielt, d.h. die anteilig dem Gesellschafter mit betrieblichen Einkünften zuzurechnenden Wirtschaftsgüter sind nicht (anteiliges) Betriebsvermögen bei der Zebragesellschaft. Nur auf Ebene des Gesellschafters sind die, der Höhe und Einkunftsart nach festgestellten anteiligen Überschusseinkünfte aus der Beteiligung, in gewerbliche Einkünfte umzuqualifizieren. Für Zwecke der Gewerbesteuer bedeutet dies, dass die Zebragesellschaft keine gewerblichen Einkünfte erzielen kann und nur der Gewerbeertrag des einzelnen Gesellschafters erhöht wird. Der BFH äußert sich zur Dogmatik der bei Zebragesellschaften im Urt. v. 26.4.2012 – IV R 44/09, welches sich mit der steuerneutralen Ausgliederung von Wirtschaftsgütern auf Zebragesellschaften (Ausgliederungsmodell) befasst. Diese ist nach dem BFH ungeachtet des Rechtsträgerwechsels möglich, soweit über § 39 AO die steuerliche Zuordnung unverändert bleibt. |
Einbringungen von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in das Gesamthandsvermögen einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft lösen dann keine Besteuerung aus privaten Veräußerungsgeschäften aus, wenn der Wert des Wirtschaftsguts dem Einbringenden auf dessen Kapitalkonto vollständig gutgebracht wird. In diesen Fällen liegt zwar eine Gegenleistung vor, die bei den §§ 17, 23 EStG grds. zur Besteuerung führt. Es liegt aber gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO eine Veräußerung des Einbringenden "an sich selbst" vor, sodass steuerlich kein Rechtsträgerwechsel stattfindet.
Rz. 362
Mit Urt. v. 2.4.2008 hat der BFH die Grundsätze zur Einbringung von Vermögensgegenständen in nichtgewerbliche vermögensverwaltende Personengesellschaften verdeutlicht. Die Übertragung von Wirtschaftsgütern eines Gesellschafters auf eine vermögensverwaltende Personengesellschaft führe trotz des zivilrechtlichen Eigentumswechsels mangels steuerlichen Rechtsträgerwechsels nicht...